EZB-Chef Draghi wehrt sich gegen Einmischungen aus Deutschland

Frankfurt/Main · Mario Draghi, der Präsident der europäischen Zentralbank (EZB), verbittet sich Einmischungen der Politik und vor allem aus Deutschland.

 EZB-Chef Draghi am 21. April in Frankfurt am Main.

EZB-Chef Draghi am 21. April in Frankfurt am Main.

Foto: dpa, ade gfh

"Wir haben ein Mandat für die Sicherung der Preisstabilität in der gesamten Eurozone und nicht nur in Deutschland", sagte er am Donnerstag. "Wir gehorchen dem Gesetz, nicht den Politikern, weil wir unabhängig sind." Zuletzt hatten insbesondere Vertreter von CDU und CSU Draghi unverhohlen kritisiert.

Die EZB hatte den Leitzins für die Eurozone im März auf das historische Tief von 0,0 Prozent gesenkt und angekündigt, ihr Anleihekaufprogramm auszuweiten. Am Donnerstag verteidigte Draghi das Vorgehen. "Unsere Maßnahmen funktionieren, sie sind effektiv. Lassen Sie ihnen Zeit, um ihre volle Wirkung zu zeigen", appellierte er während der Pressekonferenz nach der Sitzung des EZB-Rats.

Zugleich griff er die europäischen Regierungen an. "Um die Früchte unserer geldpolitischen Maßnahmen wirklich ernten zu können, müssen andere Entscheidungsträger viel entschlossener etwas beitragen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene", verlangte er. Die Politik der EZB sei das einzige, was in den vergangenen vier Jahren unternommen worden sei, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Alle Maßnahmen der EZB haben bisher allerdings nicht ausgereicht, die sehr niedrige Inflationsrate in der Eurozone in die Höhe zu treiben. Im März lag sie bei 0,0 Prozent, nach einem Rückgang um 0,2 Prozent im Februar. Die EZB sieht Preisstabilität bei einer Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent gewahrt.

Erst zu Wochenbeginn hatten CSU-Politiker den Zentralbankchef harsch kritisiert. "Die Politik von Mario Draghi hat zu einem massiven Glaubwürdigkeitsverlust der EZB geführt", sagte der Vizechef der Unionsfraktion, Hans-Peter Friedrich, der "Bild"-Zeitung. Draghis Nachfolger müsse "ein Deutscher sein, der sich der Tradition der Währungsstabilität der deutschen Bundesbank verpflichtet fühlt". Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl sagte dem Blatt: "Einen weiteren Draghi können wir uns nicht leisten."

Der Angegriffene versicherte am Donnerstag, um ihre Ziele zu erreichen, werde die Zentralbank nötigenfalls "alle zur Verfügung stehenden Instrumente", nutzen. Draghi kündigte zudem an, dass die Zentralbank im Juni beginnen werde, auch Unternehmensanleihen zu kaufen. Die Ausweitung über den Kauf von Staatsanleihen hinaus hatte der EZB-Rat im Grundsatz bereits im März beschlossen

Die Leitzinsen bleiben wie erwartet unverändert. Der zentrale Zinssatz, zu dem sich Banken bei der EZB mit Geld versorgen, bleibt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Auch die beiden anderen Zinssätze beließ die EZB auf ihrem bisherigen Niveau: Kreditinstitute, die ihr Geld lieber kurzfristig bei der Notenbank parken, anstatt es an Unternehmen zu verleihen, müssen weiterhin einen Strafzins von 0,4 Prozent bezahlen. Der dritte Zinssatz für kurzfristige Finanzspritzen oder auch Übernachtkredite von der Zentralbank bleibt bei 0,25 Prozent.

(AFP)
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