Währung Ein Euro kostet bald nur noch einen Dollar

Düsseldorf · Die Talfahrt des Euro hält weiter an. Und damit rückt die sogenannte Dollar-Parität immer näher. Experten raten jedoch zur Gelassenheit. Der Kursverfall sei aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sogar vorteilhaft für die Eurozone.

Die Entwicklung des Euro
4 Bilder

Die Entwicklung des Euro

4 Bilder

Der Countdown für den Euro läuft immer schneller: Die Parität, bei der Anleger für einen Euro einen Dollar bekommen, ist nach Ansicht von Devisenmarkt-Experten nur noch eine Frage der Zeit. Seit der Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), ab März die Notenpresse anzuwerfen, beschleunigte der Euro seine Talfahrt. In den seitdem vergangenen sieben Wochen stürzte die Gemeinschaftswährung von 1,16 Dollar um mehr als zehn Cent ab - derzeit notiert sie knapp unter 1,06 Dollar auf dem tiefsten Stand seit zwölf Jahren. Da wird selbst manch hartgesottenem Börsenprofi schwindelig.

Weniger als einen Dollar hatte man für den Euro zuletzt im Dezember 2002 bekommen. Seither ging es trotz zahlreicher Aufs und Abs nach oben - selbst während der Euro-Schuldenkrise von 2010 bis 2012.

Doch Ökonomen wie der Chefvolkswirt des schwedischen Finanzkonzerns Nordea, Holger Sandte, raten zur Gelassenheit: "Wechselkurse steigen und fallen. Der Euro war nach seiner Einführung ja 2000 schon einmal auf einem Kurs von rund 82 US-Cent. Deshalb sollte man die Dollar-Parität nicht als Krisensymptom begreifen." Gesamtwirtschaftlich betrachtet sei die Situation sogar von Vorteil, sagt Sandte: "Exporte aus dem Euroraum werden wettbewerbsfähiger, weil sie in Dollar gerechnet günstiger werden. Das stärkt das Exportgeschäft." Dieser Effekt komme zwar weniger stark in Deutschland zum Tragen, weil die hiesigen Produkte sich vor allem über Qualität als über den Preis verkaufen. In den übrigen Euro-Ländern dürfte der Effekt deutlich spürbarer sein.

Sandte sieht auch Vorteile für den ohnehin starken Arbeitsmarkt: "Wenn die Aufträge aus dem Ausland steigen, dann macht sich das auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Wenn die Unternehmen dauerhaft mit einem schwachen Euro und hohen Auftragseingängen aus dem Ausland rechnen, stellen sie tendenziell mehr ein", sagt der Nordea-Chefvolkswirt. Das bringe Wirtschaftswachstum, denn der private Verbrauch wird durch eine hohe Beschäftigung angekurbelt.

Teurer hingegen werden Produkte, die die Wirtschaft aus dem Ausland beschafft - also vorrangig Öl und Gas. Da die Energiepreise jedoch immer noch recht niedrig sind, sich allerdings auch nicht weiter verbilligen werden, wird es durch die Umrechnung von Dollar in Euro nur eine leichte Anpassung nach oben geben. "Durch die steigende Binnennachfrage und die leicht anziehenden Energiepreise könnten wir binnen Jahresfrist bei einer Inflationsrate von 1,5 Prozent liegen", sagt Sandte. Das ist immer noch unterhalb dessen, was die EZB als Preisniveaustabilität definiert hat. "Die EZB dürfte diesen Entwicklungen folglich entspannt entgegensehen."

Für die Finanzmärkte sei die Dollar-Parität in doppelter Hinsicht begrüßenswert: Nicht nur, dass die Realwirtschaft anzieht und die Kurse der Unternehmen an den Börsen nach oben treibt. Die Dollarstärke könnte die US-Notenbank Fed zudem dazu bringen, die erwartete Zinserhöhung noch einmal zu verschieben. "Auch das dürfte den Finanzmärkten Auftrieb geben", meint Sandte.

Das Nachsehen haben dagegen Touristen, die in den kommenden Monaten in die USA reisen wollen. Die Kosten am Urlaubsort dürften deutlich höher ausfallen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort