Interview mit Bayerns Finanzminister "EU-Chef Barroso heizt die Spekulation an"

Düsseldorf/München (RP). Interview Bayerns CSU-Finanzminister Georg Fahrenschon attackiert EU-Kommissionschef Barroso und fordert einen schärferen Stabilitätspakt

Hintergrund: Der Euro-Rettungsschirm
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Foto: afp, GIUSEPPE CACACE

Herr Minister, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will den EU-Rettungsschirm erweitern und fällt damit der Kanzlerin in den Rücken. Was halten Sie davon?

Fahrenschon Wenn der Kommissionspräsident ohne zwingende und überzeugende Gründe einer Erweiterung des Euro-Rettungsschirms das Wort redet, ist das mit einem Wort gesagt unverantwortlich. Kein Steuerzahler versteht, warum der Notfonds ohne erkennbare Not ausgeweitet werden soll. Schließlich ist mit den Hilfen für Irland nur ein geringer Bruchteil des Volumens gebunden.

Aber die Finanzmärkte sind nervös und trauen den EU-Staaten offenbar nicht zu, der Schuldenkrise wirklich Herr zu werden.

Fahrenschon Barroso heizt mit seinen unbedachten Äußerungen die Spekulationen doch weiter an, statt die Märkte zu beruhigen. Eine solche Verunsicherung ist unbedingt zu vermeiden. Das sollte der Präsident der EU-Kommission wissen. Im Übrigen ist der Euro-Rettungsschirm zuallererst eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten, nicht der Europäischen Kommission. Der Euro taugt nicht zur persönlichen Profilierung von EU-Politikern.

Es gibt also keinen Änderungsbedarf an den Regeln des Rettungsschirms, an den EU-Verträgen oder bei der Koordination der Wirtschaftspolitik?

Fahrenschon Doch. Ein Euro-Rettungsschirm kann nur Symptome, sprich Folgen kurieren, nicht aber die Ursachen der Staatsschuldenkrise lösen. Von zentraler Bedeutung sind für einen dauerhaft stabilen Euro eine neue und überzeugend gelebte Stabilitätskultur, solide Staatsfinanzen in allen Euro-Ländern, eine engere Koordinierung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik und die deutliche Verschärfung des Stabilitätspakts.

Wie soll der Pakt geändert werden?

Fahrenschon Zur Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist die Einigung des Europäischen Rates vom Oktober die unverzichtbare Mindestanforderung. Weitere Kompromisse kann es nicht geben. Sanktionen im Rahmen des Stabilitätspakts müssen künftig weitestgehend automatisch auch angewandt werden und politischer Willkür entzogen sein. Mittelfristig sollte der neue Halb-Automatismus auch für die Eröffnung des Defizitverfahrens gelten.

Michael Bröcker stellte die Fragen.

(RP)
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