750 Milliarden gegen die Euro-Krise EU-Kommission setzt Rettungspaket in Kraft

Luxemburg (RPO). Getrieben durch den Euro-Absturz haben die Finanzminister am Montag den beispiellosen Rettungsmechanismus für die Eurozone in Kraft gesetzt. Mit ihrer Unterschrift gründeten die Ressortchefs in Luxemburg die Zweckgesellschaft, die den Eurogruppen-Anteil am 750-Milliarden-Hilfspaket für Pleitestaaten aufbringt. Vier Wochen nach der politischen Einigung auf den historischen Kraftakt der EU ist der Rettungsschirm nun wasserdicht.

So funktioniert das Euro-Rettungspaket
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Foto: dapd

Das neue Vier-Jahres-Tief des Euro von 1,1878 Dollar am Montagmorgen hatte den Druck noch einmal erhöht, letzte Einzelheiten zu klären. "Die Märkte wollen nicht nur Erklärungen, sondern Taten", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, appellierte an die Finanzakteure. "Sie müssen verstehen, dass das Zeit braucht. Nach einer Weile wird wieder Normalität zurückkommen."

Bis zuletzt über Einzelheiten verhandelt

Um die Währungskrise zu stoppen, hatten sich die Finanzminister am 10. Mai in einer dramatischen Nachtsitzung auf ein Auffangnetz geeinigt. Neben EU-Gemeinschaftsmitteln in Höhe von 60 Milliarden Euro und 250 Milliarden Euro vom IWF sollen zusätzliche 440 Milliarden Euro über eine neue Zweckgesellschaft bereitgestellt werden. Bis zum Montag verhandelten die Finanzexperten über die Einzelheiten.

Die Mitgliedsstaaten stehen mit Garantien gemäß ihres Anteils an der Europäischen Zentralbank (EZB) ein. Den größten Brocken übernimmt Deutschland mit maximal 148 Milliarden Euro.

Unklar war bis zuletzt, ob die Zweckgesellschaft die Kredite für die Pleitekandidaten aufnimmt und weiterreicht, oder ob die Sorgenkinder selbst Kredite aufnehmen, für die dann die Gemeinschaft bürgt. Gegründet wird die Gesellschaft nach Luxemburger Recht, wofür noch Ausnahmegenehmigungen notwendig waren. Schäuble hob hervor, dass die deutsche Beteiligung an dem Rettungsschirm schon vom Parlament abgesegnet wurde, was noch nicht in allen Staaten geschehen ist.

Euro auf tiefstem Stand seit März 2006

Die Einheitswährung war im asiatischen Handel auf 1,1878 Dollar eingebrochen, dem tiefsten Stand seit März 2006. Am Mittag erholte sie sich leicht. Dennoch sei er besorgt "über die Abruptheit des Falls", sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker.

Neben dem Abwehrschirm soll eine konsequente Haushaltsdisziplin das Vertrauen in den Euro zurückbringen. In einer Task Force berieten die Minister am Abend über die notwendigen Maßnahmen. In einem ersten Schritt solle das Instrumentarium geschärft werden, "um frühzeitig bei möglichen Verstößen gegen den Stabilitätspakt einschreiten zu können", sagte Schäuble. "In einer zweiten Runde müssen wir über notwendige Vertragsänderungen Konsens erzielen." Der deutsche Wunsch zu weitreichenden Maßnahmen wie einer geregelten Insolvenz für notorische Schuldensünder stößt aber auf weite Ablehnung.

Ex-BDI-Chef Henkel will Euro wieder abschaffen

Der frühere Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans Olaf Henkel, hat sich für die Abschaffung des Euro ausgesprochen. Stattdessen solle die europäische Gemeinschaftswährung in zwei Einheiten aufgeteilt werden, schrieb er in einem Beitrag für das "Hamburger Abendblatt" (Dienstagsausgabe). Er schlage eine D-Mark-geführte Einheit vor, "die sich an die gültigen Stabilitätskriterien hält". Zudem solle es eine vom französischen Franc geführte Einheit geben.

"Schon heute gibt es 13 unterschiedliche Währungen in der EU, hätten wir mit der Wiedereinführung der D-Mark 14, würde das Projekt Europa dadurch nicht bedroht", schrieb Henkel. Er betonte, Deutschland sei auch ohne Euro das führende Exportland der EU gewesen. Nach der Einführung des Euro dann seien Deutschlands Ausfuhren in Nicht-Euro-Länder stärker gestiegen als die in die Euro-Zone. Henkel schrieb, er fühle sich "schuldig": "Ich war ein überzeugter Anhänger des Euro." Doch jetzt müsse das Ruder herumgerissen werden. Das sei besser, "als sehenden Auges auf Grund zu laufen".

(AFP/felt)
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