Fragen und Antworten zur EZB-Entscheidung Wie verschwindet eigentlich der 500-Euro-Schein?

Frankfurt · Die Notenbanker wollen die Terrorfinanzierung erschweren. Kritiker wie der Ifo-Chef fürchten, dass die EZB so Strafzinsen erleichtern will.

 Die im Umlauf befindlichen 500er sollen aber gesetzliches Zahlungsmittel und unbegrenzt umtauschbar bleiben.

Die im Umlauf befindlichen 500er sollen aber gesetzliches Zahlungsmittel und unbegrenzt umtauschbar bleiben.

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Und plötzlich sind es nur noch sechs: Die Europäische Zentralbank (EZB) will den größten der sieben Euro-Scheine, den 500-Euro-Schein, aus dem Verkehr ziehen. Der EZB-Rat beschloss gestern, die Ausgabe der Scheine "gegen Ende 2018" einzustellen. Die im Umlauf befindlichen 500er sollen aber gesetzliches Zahlungsmittel und unbegrenzt umtauschbar bleiben. "Der 500-Euro-Schein kann für einen unbegrenzten Zeitraum bei den nationalen Banken umgetauscht werden", erklärte die EZB.

Die offizielle Begründung lautet: um den Kampf gegen Geldwäsche und Kriminalität zu erleichtern. Die EU-Finanzminister hatten die EZB bereits um "angemessene Maßnahmen" gebeten. "Der 500-Euro-Schein ist ein Instrument für illegale Aktivitäten", sagt EZB-Präsident Mario Draghi. "Der größte Teil der 500er befindet sich in Spanien in Zirkulation", ergänzt Marcel Fratzscher, Chef des Forschungsinstitutes DIW. "Das hat ganz eng etwas mit Drogenhandel zu tun - Drogen, die aus Lateinamerika kommen und mit Euro bezahlt werden."

Das hält Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nicht für stichhaltig. Ob Terroristen oder Kriminelle wirklich an illegalen Handlungen gehindert würden, wenn die großen Scheine abgeschafft würden, bezweifelt er. Er verweist gern auf die USA, wo sogar schon das Aus für die 100-Dollar-Note gefordert wird.

Ifo-Chef Clemens Fuest vermutet andere Absichten: "Es muss der Eindruck entstehen, dass der Hauptgrund der Abschaffung das Ziel ist, die Zinsen weiter in den negativen Bereich zu bringen." Für die EZB werde es einfacher, die Negativzinsen weiter zu senken. "Denn Bargeld kennt keine Negativzinsen, wohl aber elektronische Konten." Fuest warnte, die Abschaffung untergrabe das Vertrauen der Bürger in ihre Notenbank. Die EZB nimmt von Geschäftsbanken Strafzinsen auf Vermögen, das diese bei ihr parken. Zugleich wächst die Zahl der Banken, die wiederum von ihren reichen Kunden Strafzinsen verlangen, anstatt sie mit Guthaben-Zinsen zu belohnen. Der 500er macht die Bargeld-Haltung leicht, und je mehr Bargeld Bürger halten, desto schwerer ist es, Strafzinsen durchzusetzen.

Auch die Pläne von Bundesfinanzminister Schäuble nach einer Obergrenze von 5000 Euro für Barzahlungen gehen in diese Richtung. Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele warnt: "Die Freiheit stirbt scheibchenweise." Soll heißen: Das Bargeld verschwindet schrittweise. Da half es nichts, dass Draghi versicherte, die Abschaffung des 500er sei nicht der Einstieg in den Ausstieg aus dem Bargeld.

Die EZB will die Scheine nach und nach einziehen. Ihre Zahl ist binnen drei Monaten bereits von 614 Millionen auf 594 Millionen gesunken. Damit haben die Währungshüter in Kürze Noten für zehn Milliarden stillgelegt. Schritt für Schritt gehen sie weiter vor. Ende 2018, wenn genug neue 200- und 100-Euro-Scheine gedruckt sind, wird die EZB die Produktion der 500er einstellen. Dennoch soll die Note zeitlich unbegrenzt eingetauscht werden können. Wer also in einigen Jahren noch einen oder mehrere 500er unter der Matratze findet, braucht sich nicht zu sorgen: Er kann das Geld bei der Bundesbank oder anderen Zentralbanken in kleine Scheine tauschen. Theoretisch müssen auch Geschäfte den 500er weiter annehmen

Das Aus kostet: Auf 500 Millionen Euro schätzen Experten allein die Druckkosten für die Banknoten, die die 500er ersetzen sollen. Hinzu kommt ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag für die Logistik.

Im Alltag wird sich das Aus für den Schein mit den modernen Architektur-Motiven nur selten bemerkbar machen. Viele Tankstellen, Restaurants und Geschäfte verweigern die Annahme des 500-Euro-Scheins schon jetzt. Häufigste Euro-Banknote ist der 50er. Von ihm gibt es über acht Milliarden Stück, er steht für 39 Prozent des Geldwertes aller Euro-Scheine und soll ebenso bleiben wie der 200er, der 100er, der 20er, der Zehner und der Fünfer. Auch das betonte die EZB ausdrücklich.

(RP)
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