Politische Krise in Athen IWF setzt Zahlungen an Griechenland vorerst aus

Frankfurt am Main · Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat auf die Ankündigung drohender Neuwahlen in Griechenland reagiert und setzt die Kreditzahlungen an den Staat vorerst aus. Die Auszahlung der nächsten Tranche soll erst erfolgen, wenn die neue Regierung steht. Die Gefahr einer Abkehr Griechenlands von seinem Sparkurs hat am Montag für einen Kurssturz an den Börsen gesorgt.

 Präsidentschaftsanwärter Stavros Dimas ist auch im letzten Anlauf gescheitert.

Präsidentschaftsanwärter Stavros Dimas ist auch im letzten Anlauf gescheitert.

Foto: afp, GG/ac/MM

Die nächste Kredittranche könne erst ausgezahlt wenn, wenn nach der für Januar geplanten Neuwahl eine neue Regierung gebildet worden sei, teilte der IWF am Montag in Washington mit. Er reagierte damit auf die endgültig gescheiterte Wahl eines Staatschefs im griechischen Parlament, was die Auflösung der Volksvertretung und eine vorgezogene Parlamentswahl nach sich zieht.

Die Verhandlungen über die nächste Tranche an Notkrediten führt der IWF gemeinsam mit Vertretern der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Gespräche der Troika mit Athen würden erst wieder aufgenommen, "wenn eine neue Regierung steht", sagte IWF-Sprecher Gerry Rice. Er fügte hinzu, Griechenland habe keinen "unmittelbaren" Finanzierungsbedarf.

Favorit für die Neuwahl des Parlaments ist laut Umfragen die linkspopulistische Partei Syriza, die die Sparauflagen der Troika aufkündigen will. Dies führt zur Sorge in der EU, die bisherigen Rettungsbemühungen könnten vergebens gewesen sein. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mahnte am Montag in Berlin: "Jede neue Regierung muss die vertraglichen Vereinbarungen der Vorgänger einhalten. Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig."

Die angekündigten Neuwahlen haben am Montag für einen Kurssturz an der Athener Börse gesorgt. Der dortige Leitindex fiel zeitweise um mehr als elf Prozent auf ein Zwei-Jahres-Tief von 756,80 Punkten. Auch die übrigen europäischen Aktienmärkte gingen in die Knie. Dax und EuroStoxx50 notierten jeweils etwa ein Prozent tiefer bei 9840 beziehungsweise 3150 Zählern. Grund für die Verkäufe war die gescheiterte dritte Runde zur Kür eines neuen griechischen Staatspräsidenten. Kandidat Stavros Dimas bekam von den Athener Abgeordneten statt der notwendigen 180 lediglich 168 Ja-Stimmen. Nun muss laut Verfassung das Parlament neu gewählt werden. " Anleger haben die Sorge, dass die reformkritische Parteien an die Regierung kommen", sagte Marktanalyst Naeem Aslam vom Brokerhaus Ava Trade. "Das wäre eine große Gefahr für die bemerkenswerten Fortschritte des Landes bei der Sanierung."

Der Ausgang der Präsidentenwahl komme aber nicht überraschend, betonte Manos Hatzidakis, Chef-Analyst von Beta Securities. Auch sei der "Grexit" - ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone - unwahrscheinlich. Außerdem stehe die Europäische Zentralbank (EZB) bereit, um bei Bedarf einzugreifen und die Finanzmärkte zu stabilisieren, fügte Hatzidakis hinzu. Angesichts der Unsicherheit über den weiteren Kurs Griechenlands lasse sich aber kaum abschätzen, ob und wie stark die dortige Börse in den kommenden Wochen fallen werde.

Die Aussicht auf einen Regierungswechsel in Athen schürte die Furcht vor einer Zahlungsunfähigkeit des Mittelmeer-Anrainers. Dies verteuerte die Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets griechischer Anleihen gegen Zahlungsausfall um etwa ein Viertel auf 1,219 Millionen Euro, teilte der Datenanbieter Markit mit.

Am Athener Aktienmarkt traf es die Finanzwerte am Montag besonders hart. Der heimische Bankenindex brach um bis zu 20 Prozent ein und notierte mit 81,04 Punkten so niedrig wie nie zuvor. Von den dort gelisteten fünf Geldhäusern fielen alle bis auf Alpha Bank ebenfalls auf ein Rekordtief. Zusammengerechnet werden kommen diese Institute auf eine Marktkapitalisierung von weniger als 18 Milliarden Euro. Die Deutsche Bank alleine wird derzeit an der Börse doppelt so hoch bewertet.

Im Sog der griechischen Geldhäuser gaben auch die Aktien anderer europäischer Insitute nach. Der Index für die Banken der Euro-Zone rutschte um 2,4 Prozent ab. Neben den griechischen Werten waren die spanische Banco Popular, die portugiesische Milennium BCP und die italienische Unicredit mit Kursverlusten zwischen 3,7 und 4,4 die größten Verlierer.

Griechische Staatsanleihen warfen Anleger ebenfalls aus ihren Depots. Dies trieb die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Titel auf bis zu 9,748 Prozent nach 8,530 Prozent im Schlussgeschäft von Heiligabend. Einige Anleger schichteten ihr Geld in die als sicher geltenden Bundesanleihen mit gleicher Laufzeit um und drückten damit deren Rendite auf ein Rekordtief von 0,555 Prozent. Der Bund-Future, der auf diesen Titeln basiert, stieg um bis zu 40 Ticks und notierte mit 155,69 Punkten so hoch wie nie zuvor. Der Euro reagierte dagegen kaum auf das Athener Wahlergebnis und kostete 1,2199 Dollar.

(REU, AFP)
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