Gastbeitrag von Peter Bofinger "Höchste Zeit für Eurobonds"

Düsseldorf (RP). Ökonomen und Politiker streiten wieder hitzig über Eurobonds, gemeinschaftliche europäische Anleihen. Die einen sehen darin Teufelszeug, andere das Mittel, mit dem sich die Schuldenkrise in den Griff bekommen lässt. Aus Sicht von Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat des Bundes, könnten sie einen Teufelskreis stoppen. Ein Gastbeitrag.

 Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat des Bundes, setzt sich seit Monaten für die Einführung von Eurobonds ein.

Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat des Bundes, setzt sich seit Monaten für die Einführung von Eurobonds ein.

Foto: ddp

Mit deutlich steigenden Risikoprämien für italienische und spanische Anleihen hat die Eurokrise nunmehr ein Stadium erreicht, bei dem nicht nur eine schwere Erschütterung für das globale Finanzsystem, sondern auch ein Auseinanderbrechen des Währungsraums droht. Wenn deutsche Politiker und Ökonomen glauben, dass man die Situation durch energische Konsoliderungsprogramme stabilisieren könne, haben sie die Lektion der vergangenen Monate nicht verstanden.

Das Problem ist ein gefährlicher Teufelskreis, der immer weiter um sich greift. Er besteht darin, dass einzelne Investoren an der Bonität eines Landes zu zweifeln beginnen. Dadurch steigen die Zinsen für dessen Staatsanleihen, wodurch sich die Verschuldungssituation des Landes verschlechtert. Dass verunsichert nun immer mehr Investoren, die Zinsen steigen weiter. Jetzt werden die Ratingagenturen besorgt und stufen die Bonität des Landes herab, was zusätzlich verunsichert. Mit Konsoliderungsprogrammen kann man an dieser Dynamik kurzfristig kaum etwas ändern.

Italien ist bereits in die erste Stufe dieses Prozesses geraten. Wenn er sich dort voll entfalten würde, gäbe es ohne Euro-Bonds nur zwei Alternativen. Entweder lässt man Italien zahlungsunfähig werden, was einen GAU an den Finanzmärkten auslösen würde, oder die EZB muss in sehr großem Umfang italienische Anleihen ankaufen. Wer sich heute gegen Euro-Bonds sträubt, sollte daher deutlich sagen, welche der beiden Alternativen er bevorzugt und warum er glaubt, dass dies für den deutschen Wähler und Steuerzahler eine bessere Lösung ist als Euro-Bonds.

Selbstverständlich sind Euro-Bonds nur vertretbar, wenn sie mit einer deutlich stärkeren Fiskal-Disziplin in Europa einhergehen. Länder mit einer hohen Verschuldung müssten verpflichtet werden, ihr Budget vom EU-Parlament genehmigen zu lassen. Für Deutschland, das sich mit der Schuldenbremse schon selbst in Fesseln gelegt hat, wäre das entbehrlich. Unzutreffend sind Behauptungen, wonach Euro-Bonds höhere Zinsen für Deutschland bedeuten würden. Der Zins würde sich im Vergleich zu den Zinsen von US-Anleihen einstellen, die nicht wesentlich höher liegen als die Renditen deutscher Anleihen.

Es ist jetzt höchste Zeit, Eurobonds und die dazu erforderlichen neuen Regeln für die Fiskalpolitik in die Wege zu leiten. Der Euroraum befindet sich auf einer abschüssigen Bahn, bei der er ohne neue Mechanismen in einem gefährlichen Abgrund landen würde.

(RP)
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