Umfrage zum Freihandelsabkommen Kaum einer traut den US-Standards

Berlin · Es herrscht eine gewisse Skepsis unter den Bürgern der Europäischen Union und der USA, wenn es um das geplante Freihandelsabkommen der beiden Wirtschaftsräume geht. Zwar steht eine knappe Mehrheit dem Abkommen grundsätzlich offen gegenüber, wenn es um Details geht, wird die öffentliche Meinung aber kritischer. Besonders die Deutschen pochen beim Verbraucherschutz und beim Thema Lebensmittelsicherheit auf die Beibehaltung europäischer Standards.

 Geplantes Freihandelsabkommen: Kritisch in konkreten Einzelfragen.

Geplantes Freihandelsabkommen: Kritisch in konkreten Einzelfragen.

Foto: ap

Jeweils gut die Hälfte der Menschen in Deutschland und den USA sind der Ansicht, das Abkommen (TTIP) sei eine "gute Sache", wie eine Umfrage des Pew-Forschungszentrums und der Bertelsmann Foundation ergab, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Bei Detailfragen waren aber beide Gruppen eher kritisch.

In Deutschland sagten 53 Prozent der Befragten, das geplante Freihandelsabkommen sei "eine gute Sache" für Deutschland. Nur 20 Prozent sehen das TTIP negativ. In den USA erwarten 55 Prozent durch ein Freihandelsabkommen mit der EU eher Vorteile für das eigene Land. 25 Prozent der Befragten befürchten negative Folgen.

Das umfassende transatlantische Abkommen wird seit vergangenem Sommer verhandelt, federführend auf europäischer Seite ist die EU-Kommission. Europäische Nichtregierungsorganisationen befürchten durch die geplanten Handelserleichterungen den Abbau sozialer und ökologischer Standards. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linke, Klaus Ernst, forderte die Bundesregierung am Donnerstag auf, die Verhandlungen zu TTIP zu stoppen.

Kritisch bei konkreten Einzelfragen

In der Umfrage zeigten sich die Teilnehmer immer dann besonders kritisch, wenn es um konkrete Einzelfragen ging. Die Einführung gemeinsamer Standards für Produkte und Dienstleistungen etwa wird von den Deutschen eher skeptisch gesehen. 76 Prozent der US-Bürger halten es für eine gute Idee, solche Regelungen zwischen den USA und der EU anzugleichen, aber nur 45 Prozent der Deutschen vertreten diese Ansicht.

Bei Fragen der Lebensmittelsicherheit vertrauen sogar nur zwei Prozent der Deutschen den US-Standards, 94 Prozent wollen hier bei den EU-Standards bleiben. Ähnlich sieht es beim Datenschutz aus: 85 Prozent der Deutschen vertrauen eher auf die EU-Standards als auf die US-Regeln.

Die US-Bürger sehen es umgekehrt: 29 Prozent präferieren die EU-Standards zur Datensicherheit, 49 Prozent finden die Regeln ihres Heimatlandes besser. Bei der Lebensmittelsicherheit vertrauen 22 Prozent den EU-Standards und 67 Prozent den in den USA gültigen Vorschriften.

Die Befragten in den USA zeigten sich zudem kritisch gegenüber geplanten Zoll- und Investitionserleichterungen. 49 Prozent lehnten gegen den vollständigen Fall von Zoll- und Investitionsbeschränkungen für europäische Unternehmen in den USA ab.

Für die Umfrage wurden Ende Februar 1002 US-Bürger und 953 Deutsche per Telefon repräsentativ befragt vom renommierten Pew Research Center und der Bertelsmann Foundation befragt. Letztere ist der US-Ableger der Gütersloher Bertelsmann Stiftung.

Wirtschaftsminister Gabriel will mehr Transparenz

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat Verständnis für die skeptischen Beurteilungen des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. Dem Nachrichtensender N24 sagte der Wirtschaftsminister, er verstehe die Verunsicherung der Bürger:

"Einer der Gründe dafür ist, dass das sehr intransparent verhandelt wird. Das ist, glaube ich, ein großer Fehler gewesen, in der europäischen Union und den USA keine volle Transparenz herzustellen. Und deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Positionen einbringen: keine Verschlechterung der Verbraucherstandards, keine Verschlechterung der sozialen Standards in Deutschland - und übrigens auch nicht Verschlechterung der kulturellen", so Gabriel.

Verbraucherzentralen warnen vor Risiken

Die Verbraucherzentralen schließen nicht aus, dass das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) genmanipulierten Lebensmitteln, Hormonfleisch und Chlorhühnchen aus den USA den Weg nach Deutschland öffnet.

In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte die für Verbraucherschutz zuständige Sprecherin der Organisation, Helga Springeneer, "wenn für diese Lebensmittel das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung gelten sollte, ist das möglich".

Springeneer forderte die EU-Kommission deshalb auf, die Entwürfe der Verhandlungstexte zu veröffentlichen.

(AFP/csr)
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