Sparkassen-Kunden Rücken gestärkt Landgericht Tübingen stoppt sogenannte Strafzinsen

Tübingen · Das Landgericht Tübingen hat erstmals einer Bank in Deutschland verboten, Negativzinsen von Privatkunden zu verlangen. Derzeit machen das 17 Institute. Verbraucherschützer glauben an den Signalcharakter des Urteils.

Für Kleinsparer sind Negativzinsen besonders bitter. (Symbolfoto)

Für Kleinsparer sind Negativzinsen besonders bitter. (Symbolfoto)

Foto: dpa, obe axs

In der Diskussion um sogenannte Strafzinsen hat das Landgericht Tübingen als erstes deutsches Gericht den Kunden von Banken und Sparkassen den Rücken gestärkt. Die Kammer verbot der Volksbank Reutlingen, Negativzinsen bei bestehenden Konten zu verlangen, wenn solche Zinsen zuvor nicht zwischen Bank und Kunde vertraglich vereinbart worden sind.

Die Bank hatte die Zinsforderung zwar im Preisaushang veröffentlicht, aber das reicht nach Ansicht des Gerichts nicht. Und da die Volksbank keine Unterschiede zwischen Bestands- und Neukunden machte, sind die Strafzinsen des Instituts generell unzulässig (Az.: 4 O 187/17).

Gegen die Volksbank hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geklagt. "Die Bank kann nicht einseitig mittels des Kleingedruckten aus einer Geldanlage einen kostenpflichtigen Verwahrungsvertrag machen", sagte der Verbraucherschützer Niels Nauhauser.

Die Tübinger Entscheidung könnte nach Einschätzung der Verbraucherschützer Signalcharakter haben. Insgesamt gibt es in Deutschland 17 Banken und Sparkassen, die Negativzinsen von Privatkunden verlangen. Das heißt: Dafür, dass Kunden ihre Einlagen bei der Bank parken, müssen sie ein Entgelt an das Institut zahlen, anstatt wie früher Zinsen auf ihr Erspartes zu kassieren.

Banken und Sparkassen haben damit auf die lange Niedrigzinsphase reagiert. Sie müssen auf Beträge, die sie selbst kurzfristig bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, Strafzinsen von 0,4 Prozent zahlen. Die EZB will so die Geldhäuser dazu bringen, mehr Kredite zu vergeben und das Wachstum anzukurbeln. Das tun manche Institute aber trotzdem nicht; sie zahlen lieber Strafzinsen an die Zentralbank und versuchen, diese Belastung weiterzugeben.

Von institutionellen Kunden (anderen Banken, Versicherern, Industriefirmen, Fonds) verlangen mehr als 50 Häuser bundesweit Negativzinsen auf kurzfristige Einlagen, die im Millionenbereich liegen können. Dazu gehören die Kreissparkasse Köln, die Stadtsparkasse Solingen und die Volksbank Solingen-Remscheid.

Strafzinsen von Privatkunden verlangt kein Institut aus der Region. Bei denjenigen, die es tun, sind 100.000 Euro auf Giro-, Spar- oder Festgeldkonten die Untergrenze. Andere verlangen die Strafzinsen erst ab 250.000, 500.000 oder gar einer Million Euro.

Im Reutlinger Fall hatte die Volksbank im Sommer 2017 im Preisaushang eine Klausel eingefügt, die ihr das Recht geben sollte, ab 10.000 Euro Tagesgeld und ab 25.000 Euro Festgeld Negativzinsen von 0,5 Prozent zu erheben. Die Strafzinsen hat die Bank zwar nie wirklich verlangt, und sie hat auch die von Verbraucherschützern beanstandete Klausel später gestrichen.

Eine ebenfalls geforderte Unterlassungserklärung wollte sie aber nicht abgeben - man könne Negativzinsen nicht dauerhaft ausschließen. Gestern erklärte die Volksbank: "Für die Zukunft bedeutet dieses Urteil, dass die ab 2017 geschlossenen Einlageverträge der Volksbank Reutlingen grundsätzlich negativ verzinst werden dürfen."

(RP)
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