NRW-Finanzminister über den Erwerb von Steuer-CDs Milliarden-Einnahmen nach Selbstanzeigen

Düsseldorf · Im Kampf gegen Steuerbetrug setzt besonders Nordrhein-Westfalen auch auf den Erwerb von Steuer-CDs. Angst vor Entdeckung bringt seit den Ankäufen immer mehr mutmaßliche Steuersünder zur Selbstanzeige - und Milliardensummen in die öffentlichen Kassen.

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Foto: picstyle

Der wiederholte Ankauf von Steuer-CDs mit Daten mutmaßlicher Steuersünder hat unter den schwarzen Schafen offenbar Druck und Verunsicherung erhöht. Die Zahl der Reumütigen, die eine Selbstanzeige erstattet haben, ist auf Rekordhöhe geklettert.

Unter den Bundesländern setzt allen voran Nordrhein-Westfalen auf die Schwarzgeld-CDs, auch wenn sie aus dubiosen Quellen stammen und der Erwerb daher umstritten ist. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa äußert sich dazu NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), der auch schon mal als "Robin Hood der Steuerzahler" tituliert wird.

Frage: Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern steigt und steigt. NRW ist Haupteinkaufsland von Steuer-CDs. Fühlen Sie sich bestätigt?

Walter-Borjans: Am besten wäre der flächendeckende automatische Informationsaustausch. Solange aber viele Staaten für Steuerbetrüger weiter die Türen offenhalten, hilft nur die massive Verunsicherung der Missetäter. Dafür ist der Erwerb von Daten, an die früher niemand herankam, ganz offenbar ein probates Mittel.

Frage: Setzt NRW auch weiter auf den umstrittenen Ankauf solcher CDs?
Ist diese Zitrone nicht bald ausgepresst oder erwarten Sie künftig noch Selbstanzeigen in lohnenswertem Umfang?

Walter-Borjans: Wer mit dem Fiskus zum Schaden der Allgemeinheit Verstecken spielt, muss wissen, dass er das nicht mehr gefahrlos tun kann.
Daten-CDs verlieren ihren Wert erst dann, wenn der Steuerkriminalität überall wirksam Einhalt geboten wird. Dann verzichten wir gern darauf.

Frage: Inwiefern geht der aktuell starke Anstieg auch auf das Konto von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß, dessen Selbstanzeige ja eine Riesen-Empörung ausgelöst hatte?

Walter-Borjans: Prominente wie Uli Hoeneß haben mit ihren positiven Eigenschaften als Werbe-Ikonen großen Wert. Darauf setzt die Werbewirtschaft ja gerade und bezahlt viel Geld dafür. Kein Wunder, dass das auch mit negativem Vorzeichen gilt. Der Fall Hoeneß wird ganz gewiss manch einen aufgerüttelt haben, der dann erst mal zu seinem Anwalt gegangen ist und sich dann angezeigt hat.

Frage: Wie viel hat NRW bisher für solche Datenträger ausgegeben und wie viel eingenommen?

Walter-Borjans: Wir haben bisher für die sechs Datenträger, die die Landesregierung angekauft hat, unter dem Strich rund neun Millionen Euro bezahlt. Die meisten Länder beteiligen sich an den Kosten. Aus den Auswertungen und durch Selbstanzeigen sind dadurch bundesweit Mehreinnahmen von schätzungsweise rund drei Milliarden Euro zusammengekommen.

Frage: Der Kauf von CDs aus fragwürdigen Quellen kann aber nicht alleiniges Mittel sein, oder? Was ist geboten, um ein Verstecken hoher Geldsummen in Steueroasen systematisch zu verhindern?

Walter-Borjans: Es ist höchste Zeit für eine enge Zusammenarbeit aller Länder im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Wir brauchen einen internationalen Informationsaustausch, der wirklich seinen Namen verdient. Nur dann haben CD-Ankäufe ausgedient, denn dann gibt es nichts mehr zu entdecken.

Frage: Finden Sie es fair, dass Schwarzgeldbesitzer sich mit ihrer Selbstanzeige einer Bestrafung entziehen können?

Walter-Borjans: Den ehrlichen Steuerzahlern ist kaum zu vermitteln, dass sich Steuerhinterzieher vor den juristischen Konsequenzen drücken können, wenn sie eine Last-Minute-Anzeige gegen sich selbst einreichen. Gerecht ist das nicht. Deshalb sehen wir zumindest bei größeren Summen Änderungsbedarf. Es darf nicht sein, dass die Selbstanzeige zur Bagatellisierung beiträgt nach dem Motto: Man kann es ja mal versuchen - bei schlechtem Schlaf kann man es sich doch noch anders überlegen. Wenn Sie Ihre Versicherung betrügen, geht das ja auch nicht.

(dpa)
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