Brennpunkt Griechenland Neue Gefahr für den Euro

Berlin (RP). Bei einem geheimen Krisentreffen debattierten Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien mit Griechenland über dessen Schuldenkrise. Gerüchte über einen Euro-Austritt wurden dementiert.

Der Euro-Rettungsschirm ESM
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Foto: dpa, Boris Roessler

Die Schuldenkrise Griechenlands spitzt sich dramatisch zu: Vertreter der griechischen Regierung kamen gestern Abend überraschend mit den Finanzministern Deutschlands, Frankreichs, Spaniens und Italiens in Luxemburg zu einem geheimen Krisentreffen zusammen. Hintergrund seien massive Probleme Griechenlands, die Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für weitere dringend benötigte Hilfskredite zu erfüllen, erfuhr unsere Redaktion aus Kreisen der Bundesregierung und der EU. Ein Bericht von "Spiegel Online", wonach die griechische Regierung sogar den Austritt aus der Euro-Zone erwäge, wurde allerdings vom Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Finanzminister Jean-Claude Juncker, dementiert.

Griechenlands Verschuldung liegt bei mehr als 160 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts. Trotz eines ehrgeizigen Sparprogramms konnte der Anstieg des Defizits bisher nicht gestoppt werden. IWF und EU-Staaten hatten Griechenland im vergangenen Jahr Hilfskredite im Gesamtumfang von 110 Milliarden Euro zugesagt, um es vor der Staatspleite zu bewahren. Davon ist etwa die Hälfte bereits abgeflossen.

IWF unzufrieden

Der IWF sei allerdings nicht zufrieden mit der Umsetzung des Sparpakets, hieß es in den Kreisen. Die Auszahlung einer weiteren Kredittranche des IWF Mitte Juni sei daher gefährdet. Kritisch sehen die IWF-Experten vor allem, dass es Athen weiterhin nicht gelingt, fällige Steuern einzuziehen. Die Umgehung von Steuergesetzen ist in Griechenland weiterhin gang und gäbe.

"Spiegel Online" berichtete am Freitag, die griechische Regierung denke sogar darüber nach, ganz aus dem Währungsraum auszutreten und die eigene Währung, die Drachme, wieder einzuführen. Die Kernländer der Eurozone haben allerdings bei einem unangekündigten Treffen in Luxemburg in der Nacht zum Samstag den Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion ausgeschlossen. Auch eine Umschuldung Griechenlands komme nicht in Frage.

Ökonomen: Umschuldung muss kommen

Diese steht nach Einschätzung namhafter Ökonomen jedoch an. Nur durch den teilweisen Forderungsverzicht seiner Gläubiger könne Griechenland die Schuldenkrise überhaupt bewältigen. Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, etwa plädiert dafür, den Griechen bis zu 50 Prozent ihrer Schulden bei Banken, Investmentfonds und anderen Geldgebern zu erlassen.

Dies, so befürchten das Bundesfinanzministerium und die Europäische Zentralbank (EZB), würde die Euro-Zone in eine noch tiefere Krise stürzen. Die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit anderer bedrohter Länder wie Irland oder Portugal würden weiter wachsen. Auch diese Länder wären letztlich zur Umschuldung gezwungen.

An dem Krisentreffen in Luxemburg nahmen der Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein Finanzsstaatssekretär Jörg Asmussen teil. In einem Papier, das dem "Spiegel" vorliegt, warnen die Beamten Schäubles eindringlich vor einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Die Folge wäre eine massive Abwertung seiner Währung gegenüber dem Euro, so die Beamten. Mit einem Kursverlust von bis zu 50 Prozent sei zu rechnen. Dadurch wüchsen die Auslandsschulden Griechenlands drastisch. Die Staatsverschuldung werde weiter auf etwa 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts klettern. Eine Umschuldung wäre dann unumgänglich.

Griechenland hatte bereits vorvergangene Woche um eine Verlängerung seiner Rückzahlungsfristen und geringere Zinsen für die Hilfskredite gebeten. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich im März geeinigt, die Laufzeit der Kredite von drei auf siebeneinhalb Jahre zu verlängern. Eine noch längere Frist wollten sie der Regierung in Athen bisher nicht einräumen.

(RP)
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