Armutsrisiko für Betroffene Pflegebedürftige müssen mehr zahlen

Berlin · Der finanzielle Aufwand, den Pflegebedürftige für ihre Versorgung selbst leisten müssen, weil die Leistungen der Pflegeversicherungen nicht reichen, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Trotz Versicherung wird Pflege zunehmend zu einem Armutsrisiko für die Betroffenen.

Ein Schwerstpflegebedürftiger muss pro Monat rund 757 Euro zuzahlen — Unterkunft und Verpflegung noch nicht eingerechnet. Dies geht aus einer Berechnung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK hervor. 1999 lag der Eigenanteil erst bei 545 Euro pro Monat.

In der Pflegestufe 1 hat sich der Eigenanteil für die Pflegebedürftigen nahezu verdreifacht. Er beträgt derzeit 369 Euro. Im Jahr 1999 waren es 133 Euro pro Fall und Monat. In der Pflegestufe 2 wenden die Betroffenen durchschnittlich 562 Euro monatlich auf, etwas mehr als eine Verdopplung im Vergleich zum Jahr 1999. Für das Jahr 2015 rechnen die Experten in allen Pflegestufen um einen weiteren Anstieg pro Fall und Monat von jeweils 30 Euro.

"Das ursprüngliche Ziel der Pflegeversicherung, dass ältere Menschen nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen sind, wird immer weniger erreicht", sagte SPD-Pflegeexperte Karl Lauterbach. Pflege sei wieder zum Armutsrisiko geworden. Insbesondere Heimbewohner in der Pflegestufe 3 seien immer häufiger auf Sozialhilfe angewiesen, da sie den durchschnittlichen Eigenanteil für Pflege, Unterkunft und Versorgung von rund 1800 Euro im Monat nicht aufbringen könnten. "In manchen Heimen beziehen 40 Prozent der Bewohner Sozialhilfe", sagte Lauterbach. Von den rund 2,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland leben etwa 143 000 als Schwerstpflegebedüftige mit Stufe 3 in einem Heim. Lauterbach kündigte an, die SPD werde die Leistungen erhöhen.

Ein Sprecher von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verwies hingegen darauf, dass die Pflegeversicherung "eine Teilkostenabsicherung" sei. Dies werde auch politisch von niemandem ernsthaft in Frage gestellt, betonte er. Die berechneten Eigenanteile zeigten, "dass es für die Menschen überaus sinnvoll ist, für den Fall der Pflegebedürftigkeit privat vorzusorgen und das Risiko zu versichern". Das sei auch der Grund, "warum die Bundesregierung die private Pflegevorsorge seit diesem Jahr finanziell fördert". Die Abschlusszahlen zeigten, dass die Regierung auf dem richtigen Weg sei. Die Leistungen der Pflegeversicherung wurden zuletzt zu Jahresbeginn erhöht.

(qua)
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