49 Städte klagen gegen "Kommunal-Soli" Reiche Kommunen - arme Kommunen

Düsseldorf · Aus dem Protest der finanziell stabilen NRW-Kommunen gegen die Zwangsabgabe für arme Kommunen wird ein juristischer Streit. Bei einem "Gipfeltreffen" beschlossen die Bürgermeister der reichen Kommunen rechtliche Schritte.

Nach einem Gipfeltreffen im Düsseldorfer Rathaus kündigten am Mittwoch 49 NRW-Kommunen eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht gegen den geplanten "Kommunal-Soli" an. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Dirk Elbers, der den Widerstand der potenziellen Einzahler-Kommunen gegen den neuen Solidar-Topf organisiert, sagte nach dem Treffen: "Wir haben einstimmig beschlossen, dass wir gegen das Gesetz rechtlich vorgehen".

Was genau genommen etwas voreilig ist, denn "das Gesetz" gibt es erst teilweise. Gemeint ist das sogenannte "Stärkungspaktgesetz", das die rot-grüne Landesregierung Ende 2011 einführte, um finanziell notleidende Kommunen mit frischem Geld zu unterstützen. Auf der Liste der Empfänger stehen zum Beispiel Duisburg, Essen, Solingen und Mönchengladbach.

Das Gesetz sieht vor, dass sich neben dem Land auch NRW-Kommunen mit guter Kassenlage an den Hilfen beteiligen müssen. Welche und mit wie viel Geld genau ist allerdings erst "Gegenstand eines aktuellen Gesetzesentwurfes, über den der Landtag noch in diesem Jahr abstimmen wird", sagte gestern eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums.

Aber eines machte sie am Mittwoch schon klar: "Eine mögliche Klage gegen das Gesetz wird keine aufschiebende Wirkung haben". Das bedeutet: Spätestens ab kommendem Jahr müssen die Kämmerer der finanziell glücklicheren Kommunen in NRW aller Voraussicht nach erst einmal Geld für den Kommunal-Soli zurückstellen und deshalb unter Umständen andere Investitionen aufgeben. Bestenfalls bekommen sie das Geld später wieder, wenn die Klage erfolgreich ist.

Die Teilnehmer des "Düsseldorfer Gipfels" gingen am Mittwoch davon aus, dass sich ihrer Klage noch weitere zehn NRW-Kommunen anschließen werden, denen ebenfalls eine Zwangsabgabe für den "Kommunal-Soli" droht. Denn der Ärger ist groß: Die Umlage soll dem Gesetzentwurf zufolge ab 2014 bis 2020 jährlich 182 Millionen Euro betragen.

Die höchste Summe soll nach aktuellen Berechnungen Monheim mit 47 Millionen Euro einzahlen, die zweithöchste Düsseldorf mit 27 Millionen Euro. "Würde man das auf die Grundsteuer B umlegen, müsste man die in Düsseldorf um 20 Prozent erhöhen", rechnet Elbers vor. Diese Steuer müssen Besitzer von Wohneigentum zahlen und reichen sie an ihre Mieter weiter. Klaus Müller (SPD), Bürgermeister von Plettenberg, (geplante Belastung: 3,1 Millionen Euro pro Jahr) müsste die Grundsteuer um über 70 Prozent erhöhen — wollte er den "Kommunal-Soli" über diesen Weg finanzieren.

Sein Amtskollege Christoph Ewers (CDU) aus Burbach fürchtet, für den Kommunal-Soli (bei ihm jährlich 6,2 Millionen Euro) den Hebesatz für Gewerbesteuern erhöhen zu müssen. Ein Beispiel, das ordnungspolitisch denkende Beobachter in den Wahnsinn treibt: Während Burbach die Gewerbesteuer erhöhen will, wenn es Einzahler-Kommune wird, muss Monheim einzahlen, weil es die Gewerbesteuer gesenkt hat. Denn Mohnheim wurde vor einigen Jahren erst durch diese Maßnahme zu einem attraktiven Standort für Unternehmen, die dort nun kräftig Steuern zahlen.

Die Klage hat Aussichten auf Erfolg. Bei einer Anhörung im Landtag hatten Anfang der Woche fast alle Rechtsexperten starke verfassungsrechtliche Bedenken.

(RP)
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