Debatte um Strafzinsen Wann sollen Sparer ihrer Hausbank den Rücken kehren?

Düsseldorf · Verbandspräsident Jürgen Fitschen hat mit der Aussage, jedes einzelne Institut müsse sich mit dem Thema befassen, eine neue Diskussion ausgelöst. Die Sparkassen wollen keine Negativzinsen erheben. Was können Anleger tun?

Debatte um Strafzinsen: Wann sollen Sparer ihrer Hausbank den Rücken kehren?
Foto: dpa, Andrea Warnecke

Vor knapp zwei Wochen sorgte die Deutsche Skatbank für Gesprächsstoff. Die kleine genossenschaftliche Bank aus Thüringen kündigte an, sie werde künftig bei Summen über 500.000 Euro, die beispielsweise auf dem Girokonto geparkt würden, Strafzinsen verlangen.

Debatte um Strafzinsen: Wann sollen Sparer ihrer Hausbank den Rücken kehren?
Foto: Schnettler

Das war womöglich nur der Anfang. Nach Asuka Wöhrmann, dem wichtigsten Vermögensverwalter der Deutschen Bank, hat nun auch dessen oberster Dienstherr Jürgen Fitschen Negativzinsen ins Spiel gebracht. "Jedes einzelne Institut muss sich mit dem Thema auseinandersetzen", sagte Fitschen in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Er sei aber sicher, dass alle Banken "sehr verantwortungsvoll" mit dem Thema umgehen werden. Fitschens Einschätzung: Zumindest Sparer mit kleinen Einlagen dürften zunächst von den Belastungen negativer Zinsen verschont bleiben.

Wirtschaft soll angekurbelt werden

Im Gegensatz zu den Bundesverbänden der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen wollen sich die Privatbanken also nicht festlegen. Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken hatte sich jüngst gegen Negativzinsen ausgesprochen; Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon hat eine derartige Praxis bei den Sparkassen sogar ausgeschlossen.

Das Problem der Banken in Sachen Sparzinsen ist dadurch entstanden, dass sie für Einlagen, die sie bei der Europäischen Zentralbank parken, seit Kurzem Zinsen zahlen müssen. Die Zentralbank will damit erreichen, dass die Institute das Geld nicht bei der EZB einlegen, sondern damit eher Kredite an Unternehmen vergeben. Das soll die Wirtschaft in der Euro-Zone stärker ankurbeln.

Hausbank den Rücken kehren?

Selbst ohne Strafzinsen ist die Niedrigzinsphase für Anleger schon ein gewaltiges Problem. "Fast alle deutschen Sparer stehen vor dem Dilemma, Jahr für Jahr real Geld zu verlieren, denn viele Sparangebote liegen unterhalb der Inflationsrate", gibt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale NRW zu bedenken. Wer sein Vermögen wirklich vermehren möchte, muss möglicherweise seiner Hausbank den Rücken kehren - ob die nun Strafzinsen erhebt oder nicht.

"In aller Regel bieten sogenannte Direktbanken wesentlich höhere Zinsen", sagt Oelmann. Der Grund: Diese Institute sparen sich ein teures Filialnetz und können die Ersparnis an ihre Kunden weiterreichen. Man erreicht diese Banken allerdings meist nur über das Internet oder per Telefon. In manchen Fällen sind die angepriesenen Zinssätze allerdings nur auf den ersten Blick interessant. Denn der zunächst hohe Zins wird oft nur für ein paar Monate garantiert, wieder andere Institute knüpfen den hohen Zinssatz an bestimmte Konditionen, etwa den Übertrag eines Wertpapierdepots.

Suche nach attraktiven Zinsen

Außerdem sollten Anleger bei der Suche nach attraktiven Zinsen darauf achten, dass das Geldhaus die europäische Einlagensicherung garantiert. "Ob die Bank in Österreich oder den Niederlanden sitzt, spielt für deutsche Kunden keine Rolle", stellt die Expertin fest. Es kann durchaus sein, dass im Falle einer Bankenpleite die Ansprüche in der jeweiligen Landessprache gestellt werden müssen. Deutsche Kunden würden auch bei ausländischen Banken nicht nachrangig behandelt, sondern erführen die gleiche Behandlung wie inländische, betont die Verbraucherschützerin.

Ein Vergleich tut mehr denn je not. Der Zinstrend zeige weiter nach unten, weitere Bankhäuser könnten Strafzinsen verlangen, fürchten Experten. Das Zinstief könnte noch eine ganze Weile andauern. EZB-Präsident Mario Draghi hatte zuletzt bekräftigt, den Niedrigzinskurs bis Ende 2016 beibehalten zu wollen.

Experten empfehlen Sparern, beim Festgeld verschiedene Laufzeiten bis zu zwei Jahren zu wählen. So kann man schnell umsatteln, wenn die Zinsen doch etwas schneller steigen als erwartet. Beim Tagesgeld kann man noch Anbieter finden, die Zinsen zahlen, und dennoch täglich auf das Ersparte zurückgreifen. "Tagesgeld eignet sich perfekt für die Aufbewahrung des Notgroschens, für die Altersvorsorge ist die Anlage unattraktiv", erklärt Annabel Oelmann. Die Faustformel lautet hier: Drei bis fünf Nettogehälter gehören auf ein Tagesgeldkonto.

(RP)
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