Kampf gegen die Euro-Krise Warum reiche Sparer Banken retten sollen

Dublin · Die Banken-Rettung wird immer teurer. Um die Steuerzahler nicht weiter zu belasten, wollen Europas Finanzminister nun Sparer mit mehr als 100.000 Euro Guthaben zur Kasse bitten. Ökonomen warnen vor Kapitalflucht.

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Foto: AP

Das Modell Zypern soll nach dem Willen der Euro-Finanzminister Schule machen. Bei ihrem Treffen in Dublin beschlossen sie am Wochenende, dass bei künftigen Bankpleiten Europas Steuerzahler geschont und stattdessen wohlhabende Sparer zur Rettung herangezogen werden sollen.

Wie sieht die Haftungskette aus?

Die Finanzminister vereinbarten eine Haftungskaskade: Zunächst sollen demnach bei einer Bank-Pleite die Aktionäre zur Kasse gebeten werden, dann die Inhaber von Anleihen der Bank und als drittes deren Sparer, die mehr als 100.000 Euro auf ihren Giro-, Spar- und Festgeld-Konten haben. Erst danach soll der Euro-Rettungsfonds und damit der Steuerzahler einspringen. Europa brauche klare Regeln für die Reihenfolge der Haftung, sagte Jörg Asmussen, Direktor der Europäischen Zentralbank.

Warum sollen Sparer mithaften?

Die Kosten der Euro-Rettung steigen immer weiter. Mittlerweile hängen fünf der 17 Euro-Länder am Tropf der internationalen Helfer (Grafik). Und es wird für die Regierungen der Helfer-Länder immer schwieriger, die Zustimmung ihrer Parlamente zu erreichen, wie auch die Debatte vor der in dieser Woche anstehenden Bundestags-Abstimmung zu Zypern zeigt. Politisch einfacher scheint es dagegen, die wohlhabenden Sparer zur Kasse zu bitten. Dafür spricht auch, dass es in Irland, Spanien und Zypern vor allem die maroden Banken waren, die die Staaten an den Abgrund brachten. Deshalb halten es viele für legitim, nun die Gläubiger und Kunden dieser Banken zur Kasse zu bitten.

Wie schnell kommt die Reform?

Der Entwurf zur EU-Richtlinie, die Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier vorgelegt hat, sieht vor, dass Gläubiger und Sparer ab 2018 bei Banken-Schieflagen zur Kasse gebeten werden. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret hält es jedoch für sinnvoll, "die Einführung einer europäischen Abwicklungsordnung auf 2015 vorzuziehen".

Was sind die Gefahren?

Die Beteiligung der Sparer ist riskant. Als die Finanzminister im März vereinbart hatten, dass alle, auch die kleinen Sparer in Zypern eine Abgabe auf ihre Guthaben zahlen sollen, brach ein Sturm der Entrüstung los. Bankenverbände warnten vor Vertrauenskrisen, die Aktienkurse fielen. Denn europaweit gilt eigentlich, dass bei einer Bank-Pleite Spareinlagen bis zu 100 000 Euro geschützt sind. Auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnt, dass eine Beteiligung der Sparer zu Kapitalflucht führt. Findige Reiche würden ihr Geld rechtzeitig abziehen. Eine berechtigte Sorge. Das zyprische Parlament überprüft derzeit 6000 Personen und Firmen, die 700 Millionen Euro ins Ausland geschafft haben sollen, um der Bankabgabe zu entgehen. Auch Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden warnte, die Beteiligung der Sparer führe dazu, dass Investoren ihr Geld außerhalb der Euro-Zone anlegen. Das führe zu neuer Instabilität.

Was ist die deutsche Haltung?

Die Haltung des Bundesfinanzministers ist zwiespältig. Auf der einen Seite weiß Wolfgang Schäuble um die Sorgen der Sparer, auf der anderen Seite sieht er, wie der Unmut in der Bevölkerung und im Bundestag gegen immer neue Hilfen durch den Steuerzahler wächst. Daher verteidigt Schäuble Zypern als nötigen Einzelfall — und spielt auf Zeit: Die neue Haftungskaskade ist wie die Bankenunion Teil eines Paketes, mit der Europa den Teufelskreis aus Bank- und Staatspleiten durchbrechen will. Dessen Umsetzung kann noch Jahre dauern.

(RP/felt/das/sap/gre)
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