Griechenland-Krise Was die Ökonomen der EU raten

Berlin (RP). Griechenland ist aus Sicht führender deutscher Ökonomen allein mit einer Laufzeitverlängerung für die bestehenden Staatsanleihen nicht vor der Pleite zu retten.

Griechenland-Krise: Was die Ökonomen der EU raten
Foto: ddp, ddp

"Es ist zwar richtig, dass Minister Schäuble hartnäckig bleibt und eine Umschuldung verlangt. Es ist aber bei Griechenland nicht mit einer Laufzeitverlängerung getan, denn das Land hat kein bloßes Liquiditätsproblem, sondern ist insolvent", sagte Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, unserer Redaktion. Auch der Regierungsberater Clemens Fuest erklärte: "Die Pleite Griechenlands lässt sich mit der Laufzeitverlängerung nicht verhindern, sondern nur hinauszögern."

Die Wirtschaftswissenschaftler halten einen Schuldenerlass für Griechenland für unerlässlich. "Da man das griechische Staatsvermögen kurzfristig nicht verkaufen kann — wie schon der misslungene Versuch der deutschen Treuhandanstalt gezeigt hat —, führt an einem Schuldenerlass kein Weg mehr vorbei", sagte Ifo-Chef Sinn. "Ein solcher Schritt wäre ein Lehrstück für alle Beteiligten. Er würde bewirken, dass von jetzt ab das deutsche Sparkapital nicht mehr bedenkenlos in die letzten Winkel des Euroraums geleitet und deutschen Verwendungen entzogen wird."

Die Befürchtung der Europäischen Zentralbank (EZB), dass es im Falle eines griechischen Schuldenschnitts zu einem Zusammenbruch des europäischen Bankensystems käme, teilte Sinn nicht. "Die Märkte haben die Abwertung der griechischen Papiere um gut 40 Prozent lange realisiert. Niemand ist mehr überrascht, wenn die Politik anerkennt, was der Markt schon lange weiß." Die Banken hätten für diesen Fall schon Vorsorge getroffen. Zudem könne sich eine Finanzkrise à la Lehman Brothers nicht mehr wiederholen, da sich die Staaten 2008 verpflichtet hätten, systemrelevante Banken zu retten. "Die Rettungspakete stehen größtenteils noch", sagte Sinn.

Fuest, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministers, riet der EU, parrallel zum Schuldenschnitt ein Bankenstützungsprogramm aufzulegen. "Man muss Vorkehrungen treffen, strauchelnde Banken zu retten", sagte Fuest. "Vermutlich wird man die Verluste der privaten Gläubiger auch begrenzen müssen, indem man anbietet, die Anleihen zu einem Teil des Nennwertes, zum Beispiel 50 Prozent, aufzukaufen." Damit nicht auch Portugal und Irland einen Schuldenerlass verlangen, müsse man Athen zu neuen schmerzhaften Reformen zwingen.

(RP)
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