Düsseldorf Was die Transaktionssteuer bedeutet

Düsseldorf · Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes gegen die Klage Großbritanniens macht den Weg frei für eine teilweise Einführung der Steuer. Aber noch sind einige Fragen offen - zum Beispiel die Frage, wer das Geld erhält.

Finanztransaktionssteuer ist ein Wortungetüm. Börsensteuer klingt einprägsamer. Deshalb hat sich der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch eingeprägt. Elf Länder, darunter Deutschland, wollen sie in einem ersten Schritt gemeinsam einführen, und der Europäische Gerichtshof hat dafür gestern den Weg freigemacht, indem er eine Klage Großbritanniens gegen die Einführung abgelehnt hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Steuer:

Woher kommt die Idee?

Anlass für die Einführung der Steuer ist das Bemühen, die Spekulationen an den Finanzmärkten und so die Gefahr für den Ausbruch einer neuen Finanzkrise einzudämmen. Die Banken sollten an den Kosten für die Aufarbeitung der Krise beteiligt werden.

Wie soll die Steuer aussehen?

Die elf Länder, die beginnen wollen, planen eine Steuer auf alle Geschäfte mit an den Börsen handelbaren Papieren. Das können Aktien sein, aber auch Firmen- und Staatsanleihen, genauso wie Termin- und Optionsgeschäfte. Bei Deals mit Aktien und Anleihen soll der Steuersatz 0,1 Prozent ausmachen, bei den Derivaten 0,01 Prozent. Die zu erwarteten Steuereinnahmen könnten für Deutschland ein Einnahmenplus von mehr als zehn Milliarden Euro bedeuten.

Wen trifft sie?

Kleinsparer und -anleger können zunächst einmal beruhigt sein. Die Steuer ist vor allem gedacht für die Geschäfte zwischen den professionellen Investoren, also Banken sowie Versicherungs- und Fondsgesellschaften. Bei ihnen ist das Risiko am höchsten, weil sie über den sogenannten Hochfrequenzhandel in rasender Geschwindigkeit Börsengeschäfte mit erheblichen Auswirkungen für die Finanzmärkte tätigen können. Allerdings: Wenn für die Profis die Kosten durch die Steuer steigen, könnten sie versuchen, diese Mehrbelastung auf Sparer umzulegen.

Wann kommt die Steuer?

Am liebsten würden die Deutschen und die Franzosen die Steuer noch vor der Europawahl am 25. Mai starten lassen. Wenn die Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel zusammentreffen, wird das Ganze ebenso ein Thema sein wie 24 Stunden später, wenn alle EU-Finanzminister an einem Tisch sitzen. Ob der Zeitplan funktioniert, ist indes noch fraglich.

Was wird noch diskutiert?

Vor allem die Frage, in welche Kassen die zu erwarteten Steuereinnahmen in welchem Ausmaß fließen. Die EU möchte sie gern für sich vereinnahmen, die Einzelstaaten pochen darauf, dass ihnen das Geld zusteht. Und sachlich ist noch nicht geklärt, ob die Steuer dort erhoben wird, wo eine beteiligte Bank, ein Versicherer oder ein Fondsanbieter den Firmensitz hat, oder an dem Finanzplatz, wo das Börsengeschäft zustande kommt.

Warum klagten die Briten? Auf der Insel gibt es seit Jahren eine wesentliche Maxime, und die heißt: Wir müssen den Finanzplatz London schützen. Ihr Argument ist nicht von der Hand zu weisen: Die Briten glauben, dass eine Steuer nur dann Sinn mache, wenn die Finanz-behörden in Übersee (also beispielsweise aus den Vereinigten Staaten) die Steuer auch erheben. Ansonsten gebe es einen Wettbewerbsvorteil der Player an diesen Märkten, und es drohe Geschäft abzuwandern.

Warum entschied der EUGH anders?

Für den EuGH sind die praktischen Folgen einer Steuereinführung nur in Teilen der EU nicht das entscheidende Argument. Für sie war die relevante Frage, ob das Vorpreschen der Elf gegen die Bestimmungen des Lissabon-Vertrages verstößt. Das tut es aber nicht. Die Kooperation ist in Artikel 20 des Vertrages ausdrücklich erlaubt. Damit ist aber nur die formale Frage geklärt. Gegen die Ausgestaltung der Steuer und die Verteilung der Einnahmen beispielsweise könnte zu einem späteren Zeitpunkt durchaus noch ein Mitgliedsland separat klagen.

(RP)
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