Serie: Die Herren des Geldes (5) Wie Analysten die Kurse bewegen

Düsseldorf (RP). Zu Zeiten des Neuen Marktes wurden sie hofiert wie Popstars. Als die New Economy abstürzte, waren sie die bösen Buben, die viel Schrott empfohlen hatten. So oder so ist ihr Urteil oft maßgeblich für die Kursentwicklung.

"Die Rattenfänger der Wall Street" - so hat der Autor Benjamin Mark Cole einmal wenig schmeichelhaft eine der einflussreichsten Gruppen am Finanzmarkt getitelt. Wer da noch nicht weiß, worum es in dem Buch geht, dem ist das spätestens dann klar, wenn er den Untertitel liest: "Wie Analysten die Börsenwelt manipulieren." Da geht es unter anderem um unheilvolle Verflechtungen zwischen Analysten und Investmenthäusern, Analysten und Händlern, Analysten und börsennotierten Unternehmen. Am Ende ist der Anleger immer der Dumme.

An Analysten scheiden sich die Geister. Für die einen sind sie die Fachleute, deren Wissen um Märkte und Unternehmen von unschätzbarer Bedeutung für ein Urteil über die Aussichten einer Aktie ist; den anderen erinnern sie an den römischen Kaiser Nero - hebt der Analyst den Daumen, geht der Kurs nach oben; senkt er ihn, beginnt die Talfahrt.

Genau das ist in der Vergangenheit mehr als einmal passiert (wenn auch nicht so willkürlich wie beim römischen Despoten Nero). Beispielsweise zu den Hochzeiten des Neuen Marktes in der zweiten Hälfte der 90er Jahre, als manche Anleger an den Lippen von Analysten hingen wie kreischende Teenies an jenen von Robbie Williams. Analysten-Empfehlungen waren wie ein Vaterunser für die Investoren-Gemeinde - bis zu dem Zeitpunkt, als sich die Einschätzung breitmachte, dass so manches am Neuen Markt Teufelszeug sein könnte. Da waren Analysten dann oft die bösen Buben, die den armen Anlegern haufenweise Schrott empfohlen hatten.

Die uneingeschränkte Heldenverehrung war so falsch wie es die totale Verdammung jetzt ist. Natürlich gab es unselige Seilschaften in der Finanzszene Aber erstens sollte nicht nur der Bürger, sondern auch der Anleger mündig sein und sich selbst informieren, zweitens sind nicht alle Schafe schwarz, und drittens gibt es seit einigen Jahren einen - wenn auch freiwilligen - Analystenkodex, mit der die Branche sich selbst wieder eine größere Glaubwürdigkeit verleihen wollte. Analysten sollten nicht mehr über Aktien urteilen, die sie in ihrem Privatbesitz haben, oder die Papiere von Unternehmen empfehlen, an deren Börsengang die Bank mitverdient, für die der Analyst arbeitet.

Seitdem vertrauen wieder mehr Anleger den Analystenmeinungen, die sich mitunter in einfachen Verhaltensempfehlungen wie "Kaufen", "Halten" und "Verkaufen" äußert. Dahinter steckt eine ausgefeilte Untersuchung der Aktie. Das Urteil indes ist für Laien trotzdem nicht immer nachvollziehbar. Das passiert zum Beispiel dann, wenn ein Unternehmen eine Gewinnsteigerung meldet, aber unter den Erwartungen der Finanzanalysten bleibt - und der Kurs sinkt.

Am Markt wird gern zwischen Fundamental-Analysten und Charttechnikern unterschieden. Sehr verkürzt ausgedrückt, bedienen sich erstere der Kennzahlen aus der Betriebswirtschaft ebenso wie Branchenberichten oder makroökonomischen Daten, während Charttechniker auf Kursentwicklungen der Vergangenheit setzen.

Egal, wer urteilt, Chefs der großen Konzerne setzen sich regelmäßig mit den Analysten in Konferenzen zusammen. Einer, der so was indes gar nicht mag, ist Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Der mag weder Quartalsberichte noch Analysten. Der Porsche-Börsenkurs ist unter seiner Führung trotzdem nach oben geschossen. Das kann also auch ohne Analystenlob funktionieren.

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