Issum Finanzinvestor aus Hessen kauft Diebels

Issum · Im Paket mit Hasseröder verkauft der weltgrößte Bierbrauer AB InBev die Issumer in den Taunus. Der neue Eigentümer kündigt Marken- und Standort-Investitionen an. Der Gesamt-Kaufpreis beträgt angeblich 200 Millionen Euro.

Der schöne Tag, den Mario Jordan 1992 in einem Werbespot für die Privatbraurerei Diebels besang, gehört für die Altbierbrauer der Republik nur noch einer ruhmreichen Vergangenheit an. Düsseldorfs Hausbrauereien machen zwar gute Geschäfte, sie steigern Ausstoß und Marktanteile, aber sie sind bei Absatzmengen im niedrigen sechsstelligen Bereich vergleichsweise klein.

Außerhalb der NRW-Landeshauptstadt ist das Geschäft in den vergangenen Jahren eher mau gewesen. Das gilt auch für die Brauerei Diebels aus Issum. Schon 2001 hat die Familie sich zurückgezogen und das Unternehmen an die heute weltgrößte Brauereigruppe AB InBev (Belgien) verkauft. Künftig ist der Eigentümer nicht mal ein Investor aus der eigenen Branche. Der Finanzinvestor CK Corporate Finance aus dem hessischen Kronberg übernimmt von InBev die Diebels-Anteile und dazu gleich noch die Marke Hasseröder mit der Brauerei in Wernigerode im Harz. Bis Mitte des Jahres soll der Deal über die Bühne sein.

Über den Kaufpreis ist wie üblich Stillschweigen vereinbart. In Fachkreisen ist von etwa 200 Millionen Euro die Rede. Der neue Eigentümer kündigt "umfangreiche Investitionen in die Marken und Brauereistandorte" an, mag diese aber noch nicht näher beziffern. "Wir wollen uns auf die Stärken von Hasseröder und Diebels konzentrieren, um das Wachstum dieser bedeutenden Traditionsmarken zu fördern und diese in der Öffentlichkeit wieder präsenter aufzustellen", erklärte CKFC-Eigentümer Daniel Deistler. Von neuem Glanz für "etwas verstaubte Bier-Juwelen" ist die Rede.

Deistler will sich heute mit der Diebels-Belegschaft in Issum treffen, am Freitag ist er in Wernigerode. Danach sollen die Mitarbeiter etwas mehr Klarheit über die nähere Zukunft haben. Und am besten auch die Angst verlieren, dass der neue Eigentümer einer von der Sorte Finanzinvestoren ist, der seine Beute nur aussaugen will. "Entweder ist Herr Deistler ein Bierfan und will die Marke Diebels auf kleinerer Flamme wieder größer machen. Oder die Immobilie ist für ihn von Interesse", sagt der Bier-Experte Hermann-Josef Walschebauer.

Was für Deistlers strategisches Interesse an seinem Neueinkauf spricht: Er hat von InBev direkt ein Führungsteam für die Leitung der beiden gekauften Brauereien und weitere Mitarbeiter miteingekauft. Den neuen Eigentümer, gelernter Bankkaufmann, der unter anderem in Harvard Betriebswirtschaft studierte und im Taunus eine Polo-Schule betreibt, verbindet auf den ersten Blick wenig mit der Brauerbranche. Er selbst spricht aber von "Leidenschaft für die Marken", von "Respekt vor der großen Tradition" und "Begeisterung der Kunden".

Die Worte hören sich gut an. Aber Worte allein verleihen Diebels und Hasseröder noch nicht den neuen Glanz, den die Marken brauchen. Deistlers Hinweis darauf, dass Diebels unter den Altbier-Produzenten immer noch Marktführer sei, wird dadurch extrem relativiert, dass der Altbier-Anteil am Gesamtmarkt mittlerweile weniger als acht Prozent vom Ausstoß ausmacht. Hasseröder ist mit 1,9 Millionen Hektoliter Ausstoß im vergangenen Jahr immerhin noch die Nummer acht unter den deutschen Brauern und einer der großen Produzenten von Pils, das ungefähr die Hälfte des deutschen Biermarktes ausmacht. Aber das Unternehmen aus dem Harz leidet wie andere unter den schwachen Margen in der Brauer-Branche. Durchschnittlich liege die bei ungefähr zwei Prozent, heißt es. Manche Familienbrauereien wirtschafteten sogar schon seit Jahren an der Null-Grenze. Akzeptable Rendite für einen Investoren sieht wahrlich anders aus.

Weltmarktführer AB InBev hat's mit der großen Biertradition auch nicht mehr so. "Wenn die einen Markt nicht mehr interessant finden, sind sie schnell raus", sagt Branchenexperte Walschebauer und ergänzt: "Die Musik spielt heute beispielsweise in Südamerika und in Asien. Brautradition und Arbeitsplätze interessieren große, börsennotierte Konzerne wie InBev nicht mehr."

Die Belgier haben angekündigt, sich auf die Marken Beck's, Franziskaner und Corona zu konzentrieren und diese weiterzuentwickeln. Verständlich - Corona ist im Heimatland Mexiko das meistverkaufte Bier und zählt in 180 Ländern zu den führenden importierten Premium-Biersorten, Franziskaner und Beck's (das nicht nur in Bremen, sondern aus Kostengründen auch in Bayern und sogar in den USA gebraut wird) versprechen zumindest mehr Profit als Diebels und Hasseröder.

(RP)
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