München Fitschen-Prozess: Staatsanwälte in Not

München · Der Ton des Gerichts gegenüber den Anklagevertretern im Deutsche-Bank-Verfahren hat sich verschärft. Dass sie im Plädoyer Haft- und Bewährungsstrafen fordern, dürfte den Vorsitzenden Richter Peter Noll kaum überzeugen.

München: Fitschen-Prozess: Staatsanwälte in Not
Foto: dpa, bom fdt sbh era

Wer sich die Entwicklung im Strafprozess gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und vier Ex-Manager der Bank anschaut, kommt unweigerlich zu dem Schluss, dass der Vorsitzende Richter Peter Noll die Geduld mit der Staatsanwaltschaft verloren hat. Mehrfach schon hat Noll den Anklagevertretern ziemlich deutlich gesagt, dass die Anklage aus seiner Sicht auf vergleichsweise tönernen Füßen steht. Sein Ton wird immer schärfer. Gestern sprach der Richter von "Vermutungen ins Blaue hinein" und lehnte einen Antrag ab, mit dem die Staatsanwaltschaft eine erneute Durchsuchung der Deutschen Bank erreichen wollte. Das Ziel: die Herausgabe eines Gutachtens, das die Deutsche Bank angeblich nicht herausrücken will.

Mehr Beweisantrag kam dann auch nicht mehr. Dafür hat sich die Staatsanwaltschaft nicht davon abhalten lassen, in den Plädoyers Haftstrafen für die Ex-Bankchefs Rolf Breuer und Josef Ackermann zu fordern. Zweieinhalb Jahre Gefängnis für Ackermann, gar dreieinhalb für Breuer, ein Jahr und drei Monate auf Bewährung sowie zwei Millionen Euro Geldauflage für Fitschen - so der Antrag der Ankläger. Die Beweisaufnahme habe den Vorwurf der Anklage voll umfänglich bestätigt.

Das Urteil fällt wohl am 26. April. Den drei Managern sowie zwei weiteren Ex-Vorständen wird vorgeworfen, in einem von Leo Kirch angestrengten Schadenersatzprozess gelogen zu haben, um der Bank eine Schadenersatzforderung in Milliardenhöhe zu ersparen.

Noll sieht das mit der Beweiskraft ganz anders und hat zuletzt die Bemühungen der Staatsanwaltschaft offensichtlich als nervig empfunden. "Der Antrag lässt jede Auseinandersetzung mit der Beweisaufnahme vermissen", sagte der Richter gestern.

Solche Zurechtweisungen muss ein Vertreter der Anklage als Klatsche empfinden. Und weil Noll bekräftigt hat, dass die bisherige Beweisaufnahme die Vorwürfe wegen angeblichen Prozessbetrugs im Fall Kirch nicht hat bestätigen können, wächst nach Einschätzung von Beobachtern die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs. In Bankenkreisen rechnen selbst jene, die nicht zu den Freunden der Deutschen Bank gehören, mittlerweile nicht mehr mit einer Verurteilung.

Ginge es nach Noll, wäre der seit fast einem Jahr laufende Prozess vermutlich schon vorbei. Doch die Staatsanwaltschaft hat immer wieder neue Beweisanträge gestellt. Dass das in dem Glauben geschieht, das Verfahren gewinnen zu können, glaubt kaum noch jemand. Angeblich geht es nur darum, eine mögliche Revision vorzubereiten. Das heißt: Die Ankläger könnten darauf pochen, dass es Verfahrensfehler gegeben habe. Die Hoffnung: Der Bundesgerichtshof verweist den Fall zurück, man kann das Ganze neu aufrollen und wieder nach Belegen suchen, die das scheinbar Unbeweisbare beweisen könnten.

Doch zumindest vorerst droht eine heftige juristische Niederlage. Umgekehrt wäre es das erste Mal, dass die Deutsche Bank respektive jetzige und frühere Manager aus einem Gerichtsstreit in Sachen Kirch als Sieger hervorgehen. Das würde dem noch amtierenden Spitzenmann Fitschen seinen Abschied bei der Hauptversammlung am 19. Mai einfacher machen. Seine Deutsche-Bank-Karriere als verurteilter Straftäter zu beenden, wäre ein Alptraum für Fitschen.

(RP)
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