Präsident der Ärztekammer Frank Ulrich Montgomery "Ärzte sollen weniger über Geld reden"

Düsseldorf · Vor dem Start des Ärztetages heute in Düsseldorf schlägt Präsident Montgomery selbstkritische Töne an. Er ruft seine Kollegen dazu auf, sich auf ihre "eigentliche Tätigkeit" zu besinnen. Im Interview spricht er auch über Qualität in Kliniken.

 Frank Ulrich Montgomery ist seit 2011 Präsident der Bundesärztekammer.

Frank Ulrich Montgomery ist seit 2011 Präsident der Bundesärztekammer.

Foto: dpa, hcd kde

Woran liegt es, dass die meisten Menschen mit ihrem Arzt individuell zufrieden sind, der Ruf der Ärzte insgesamt in den vergangenen Jahren aber gelitten hat?

Montgomery Da muss man selbstkritisch sein, das liegt zum Teil auch an uns Ärzten selbst, auch an uns Funktionären, die mit Themen wie zum Beispiel dem Morbi-RSA an die Öffentlichkeit gehen, die für die Menschen nicht verständlich sind. Es liegt aber sicher auch daran, dass andere Akteure im Gesundheitswesen auf unsere Kosten seit Jahren polemisieren und politisieren. Grundsätzlich bleiben wir aber selbst für unser Image verantwortlich. Wir müssen den Widerspruch auflösen, dass 85 Prozent der Patienten ihren Arzt sehr gut finden, in der veröffentlichten Meinung aber die Gesamt-Ärzteschaft immer wieder als mafiöse Vereinigung dargestellt wird.

Wie kann es gelingen, das Bild der Ärzte in der Öffentlichkeit zu verbessern?

Montgomery Wir Ärzte müssen wieder mehr über unsere eigentliche Tätigkeit und weniger übers Geld reden. Der Arztberuf ist schön, für mich der schönste Beruf überhaupt. Wir müssen die Empathie, die wir für unsere Patienten haben, wieder mehr nach außen darstellen.

Die Bundesregierung plant eine große Krankenhausreform. Ist die aus Ihrer Sicht notwendig?

Montgomery Ich scheue mich, es Reform zu nennen: Man muss die Länder vor allem daran erinnern, dass sie nicht nur ein grundgesetzliches Recht haben, Krankenhausplanung zu betreiben. Sie haben auch die Pflicht, sich um die Versorgung der Bevölkerung zu kümmern und die dafür notwendigen Investitionsmittel zu zahlen. Darüber hinaus bedarf das System der Fallpauschalen in der Tat einer Renovierung. Man kann nicht alle Krankheitsfälle im Krankenhaus mit sogenannten Pauschalen abdecken. Kleinere Häuser, die für die flächendeckende Versorgung notwendig sind, benötigen Zuschläge, weil sie oft nicht betriebswirtschaftlich arbeiten können. Aber auch die Universitätskliniken sind nicht ausreichend finanziert. Über die Hälfte von ihnen schreibt rote Zahlen.

Künftig sollen Kliniken nach ihrem Behandlungserfolg bezahlt werden. Wird diese Neuerung das Qualitätsniveau in den Krankenhäusern anheben?

Montgomery Das Niveau steigt seit Jahren. Im Vergleich zu vor 20 Jahren haben wir Quantensprünge geschafft. Trotzdem stellt sich die Frage nach Qualität und Qualitätssicherung immer wieder aufs Neue. Ob allerdings der Ansatz Pay for Performance - also zahlen nach Erfolg - der richtige Ansatz ist, hängt wesentlich von der Frage ab, wie man den Erfolg messen will. Und das ist nun mal in der Automobilbranche einfacher als in der hochkomplexen Medizin.

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Foto: dpa, Patrick Pleul

Dafür soll ja nun ein Institut gegründet werden, das die Kriterien festlegt, wie bei Krankenhausbehandlungen Qualität gemessen werden kann . . .

Montgomery Wir finden es grundsätzlich nicht falsch, ein Qualitätsinstitut zu gründen, das sich mit den Erfolgen der Medizin beschäftigt. Wir fänden es aber falsch, wenn dies eine Behörde würde, die Qualität nur verwaltet. Das wollen wir nicht. Wir hätten gerne ein Institut, das uns hilft, Qualität zu produzieren. Dafür bedarf es ärztlichen Sachverstands. Im ersten Schritt muss man also analysieren, wie man wirklich die Performance messen und bewerten kann. Erst dann kann man sich über Vergütungsregeln unterhalten.

Die Frage, ob es eine Termingarantie für Patienten beim Facharzt geben soll, ist zwischen Ihnen und der Politik heiß umkämpft. Haben Sie inzwischen einen Masterplan, wie die Ärzte das Thema selbst regeln können?

Montgomery Wir haben von Anfang an gesagt, dass jeder, der eine Überweisung von seinem behandelnden Arzt an einen Facharzt erhält, innerhalb von vier Wochen einen Termin beim Facharzt bekommt. Ein Versprechen, dass alle innerhalb von vier Wochen zum Arzt ihres Wunsches gehen können, das kann es in einem System mit gedeckeltem Budget nicht geben.

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Foto: dpa-tmn, dpa-tmn

Die Frage ist, ob Sie die Termingarantie tatsächlich selbst organisiert bekommen?

Montgomery Klares Ja. Für alle Patienten, bei denen ein Arzt die fachärztliche Untersuchung für dringend notwendig hält und dies durch eine Überweisung dokumentiert ist, können wir eine Termingarantie von vier Wochen gewähren. Da benötigen wir kein Gesetz. Wir können es aber nicht leisten, dass beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen, für die es keinen konkreten Anlass gibt, innerhalb von vier Wochen gemacht werden können.

Wie lange brauchen Sie, um diese Termingarantie umzusetzen?

Montgomery Das hängt stark von den regionalen Gegebenheiten ab. Ich rate uns Ärzten, dass wir überall die Strukturen für die Terminvergabe selbst aufbauen. Wir können das besser, wir brauchen dazu kein Gesetz.

Gibt es in Düsseldorf etwas, was Sie neben dem Ärztetag sehen oder machen wollen?

Montgomery Eigentlich würde ich gerne in Ruhe durch das Museum K21 gehen. Als Radiologe habe ich eine besondere ästhetische Beziehung zu Bildern.

(qua)
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