Paris Frankreich wird zum Problem der Eurozone

Paris · Die Rating-Agentur Moody's entzieht Frankreich die Top-Note. Die Euro-Rettung droht damit teurer zu werden.

Lange Zeit stand allein Griechenland im Mittelpunkt der Euro-Krise. Doch nun rückt auch Frankreich in den Fokus. Die Rating-Agentur Moody's senkte in der Nacht zu Dienstag die Note für die französische Kreditwürdigkeit von "AAA" auf "Aa1". Die Experten begründeten den Schritt mit der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Es sei auch immer weniger berechenbar, wie Frankreich künftige Schocks verkrafte. Der Euro fiel unter 1,28 Dollar, erholte sich aber im Tagesverlauf wieder.

Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici gab vor allem den konservativen Vorgängerregierungen die Schuld. Diese hätten ungenügende Bemühungen vorgenommen, die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen. Die Entscheidung sei keine Bestrafung, sondern ein "Ansporn, die Reformen fortzusetzen", erklärte Moscovici. Frankreich bleibe eines der am besten eingestuften Länder. Seine Regierung will nun die Wirtschaft wieder ankurbeln, indem sie die Unternehmen um 20 Milliarden Euro entlastet. Die größten Baustellen:

Wachstumsschwäche Die französische Wirtschaft tritt seit Monaten auf der Stelle. Für dieses Jahr wird ein Wachstum von 0,2 Prozent erwartet. Nach den Prognosen der EU-Kommission wird es auch in den nächsten beiden Jahren kaum mehr. Das liegt unter anderem daran, dass die Franzosen zu wenig Waren ins Ausland verkaufen. Während in Deutschland jeder vierte Euro über Exporte eingenommen wird, ist es in Frankreich nur jeder zehnte Euro.

Wettbewerbsfähigkeit Zwar gehört die Infrastruktur in Frankreich weiter zu den besten der Welt. Aber der Arbeitsmarkt wird als zu starr empfunden, das Steuersystem als zu wirtschaftsfeindlich. Entsprechend schlecht schneidet Frankreich bei der Wettbewerbsfähigkeit ab. Im Ranking des Weltwirtschaftsforums rutschte die "Grande Nation" in diesem Jahr um drei Plätze ab auf Rang 21. Deutschland dagegen hat trotz Euro-Krise seinen sechsten Platz behauptet. Dies spiegelt sich auch in den Arbeitskosten wieder: Eine Arbeitsstunde in der französischen Privatwirtschaft kostet im Schnitt 34,20 Euro, in Deutschland sind es nur 30,10 Euro.

Fehlender Mittelstand Zwar kann Frankreich mit großen Unternehmen wie den Autobauern Renault und Peugeot Citroën oder dem Atomkonzern Areva aufwarten. Doch gerade die Autobauer stecken derzeit in der Krise. Und vor allem fehlt es an einem breiten und exportstarken Mittelstand, der die Absatzkrise im Euro-Raum durch wachsende Geschäfte in Asien und anderen Boomregionen ausgleichen kann. Die Industrie ist auf dem Rückzug: Sie trägt nur noch 12,6 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. In Deutschland sind es 26,2 Prozent.

Arbeitsmarkt Geringe Wochenarbeitszeit, früher Renteneintritt, starrer Kündigungsschutz – als unflexibel gilt auch der Arbeitsmarkt. Entsprechend hoch liegt die Arbeitslosenquote: Jeder zehnte erwerbsfähige Franzose hat keine Stelle. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt gar bei 25 Prozent. Das treibt nicht nur Kosten der sozialen Absicherung, sondern lässt auch viel Potenzial ungenutzt.

Schulden 2011 machte die Neuverschuldung 5,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Während sich die Regierung zum Ziel gesetzt hat, das Defizit 2013 wieder auf die verlangten drei Prozent zu drücken, bezweifelt Moody's, dass Frankreich dies schaffen wird.

Folgen Dank des geringen Zinsniveaus kann sich Frankreich noch sehr günstig Geld leihen. Doch je schlechter die Rating-Note ist, desto höhere Risikoaufschläge verlangen die Investoren. Damit dürfte die Finanzierung auf Dauer für den französischen Staat teurer werden.

Und das könnte große Auswirkungen auf die Euro-Rettung haben. Frankreich ist nach Deutschland der zweitgrößte Garant für die Rettungsschirme. Sollte Paris weiter abgestraft werden, werden die Bonitätswächter auch die Noten für diese senken. Die Moody's-Experten erklärten bereits gestern, man prüfe die Auswirkungen des negativen Frankreich-Urteils.

Entsprechend dürfte Deutschland stärker in die Pflicht genommen werden. Es ist eines der wenigen Länder, die noch das Spitzenrating haben (siehe Grafik). "Im berühmten deutsch-französischen Paar hatte Paris schon zehn Zentimeter verloren und verliert nun noch einmal zehn", kommentierte die Wirtschaftszeitung "Les Echos". Wirtschaftlich und politisch seiendie beiden Länder nicht mehr in derselben Kategorie.

(RP)
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