Leverkusen Frau verklagt Bayer auf 200.000 Euro Schadenersatz

Leverkusen · Die 31-Jährige macht die Pille Yasminelle für ihre Lungenembolie verantwortlich. Das Gericht vertagte sich gestern.

Bislang waren zivilrechtliche Klagen gegen den Pharmariesen Bayer ein US-Phänomen. Nun versuchen auch Anwälte in Deutschland, Schadenersatz-Forderungen gegen den Konzern durchzusetzen. Die 31-jährige Felicitas Rohrer aus Baden-Württemberg fordert rund 200.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld von Bayer. Sie macht das Verhütungsmittel Yasminelle für Gesundheitsschäden verantwortlich: Nach Einnahme der Pille habe sie 2009 eine lebensbedrohliche, beidseitige Lungenembolie erlitten, an der sie fast gestorben sei, sagte Rohrer. Nur durch eine Notoperation sei sie gerettet worden.

Seither kämpft Rohrer gegen Bayer. Gestern war der erste Verhandlungstag vor Gericht. Nach knapp fünf Stunden vertagte das Landgericht Waldshut den Prozess auf das nächste Jahr. Man betrete mit dem Verfahren Neuland, sagte Richter Johannes Daun.

Rohrer leidet nach eigenen Angaben bis heute unter gesundheitlichen Folgeschäden. Die Pille habe ihr Leben zerstört. Sie sei körperlich dauerhaft eingeschränkt und kann, weil sie blutsenkende Medikamente einnehmen muss, keine Kinder bekommen. Neben Schadenersatz für sich will sie auch erreichen, dass Bayer die Pille vom Markt nimmt. Der Konzern, so ihre Begründung, mache nicht auf die gefährlichen Nebenwirkungen aufmerksam.

Bayer hält die Klage für unbegründet. Durch wissenschaftliche Studien sei bestätigt, dass von der Anti-Baby-Pille bei korrekter Einnahme keine Gefahr ausgehe. Laut Bayer hat es bereits drei Gerichtsverfahren in Deutschland um den Wirkstoff Drospirenon gegeben. Diese seien alle für Bayer entschieden worden. Es geht um viel Geld: Bayer verdiente 2014 mit den Verhütungsmitteln Yaz und Yasminelle 768 Millionen Euro.

In den USA hat sich Bayer mit 10.000 Frauen verglichen und ihnen zwei Milliarden Dollar gezahlt - ohne Anerkennung von Haftung. Für den Konzern ist es in den USA billiger zu zahlen, als sich auf einen langen Rechtsstreit vor unberechenbaren Laien-Jurys einzulassen.

Der Prozess ist für viele Frauen interessant: Das Bundesinstitut für Arzneimittel hat 2014 verkündet, dass von einigen Anti-Baby-Pillen ein erhöhtes Thrombose-Risiko ausgehe und die Hersteller darauf aufmerksam machen müssten. Das gelte besonders für den Wirkstoff Drospirenon. Frauen, die per Pille verhüten, sollen das Gespräch mit dem Arzt suchen und diesen gezielt nach möglichen Risiken fragen, raten Experten. Übergewichtige und Raucherinnen haben ein besonderes Thrombose-Risiko.

(anh)
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