Bad Fresenius wird größte private Klinik-Kette

Bad · Der hessische Mutterkonzern der Helios-Kliniken übernimmt für drei Milliarden Euro große Teile des Konkurrenten Rhön-Kliniken. Krankenkassen müssen sich aufgrund der steigenden Marktmacht auf härtere Verhandlungen einstellen.

Homburg Eugen Münch hat seine Gegner ausgetrickst: Für rund drei Milliarden Euro verkaufen die Rhön-Kliniken, bei denen Münch Großaktionär ist, 43 Krankenhäuser und 15 medizinische Versorgungszentren an den Medizinkonzern Fresenius. Dessen Tochter Helios steigt damit zum größten privaten Klinik-Betreiber Europas auf und kontrolliert künftig sechs bis sieben Prozent des deutschen Krankenhausmarktes. Noch muss die Übernahme allerdings auch vom Bundeskartellamt genehmigt werden.

Erst im vergangenen Jahr war Münch, der das 1974 von ihm gegründete Unternehmen noch immer über den Aufsichtsrat regiert, mit einem Verkauf der Rhön-Kliniken an Fresenius gescheitert. Damals hatten der private Klinikbetreiber Asklepios und der Medizinzulieferer B. Braun die Übernahme im letzten Moment platzen lassen und den gelernten Müller Münch blamiert. Asklepios fürchtete einen übermächtigen Konkurrenten, Braun ein Unternehmen, das die Preise drücken würde. Beide kauften sich daher Anteile an den Rhön-Kliniken und verhinderten so den Verkauf, für den es der Zustimmung der Aktionäre bedurft hätte. Nun kommt er doch. Denn statt die Rhön-Kliniken komplett zu verkaufen, veräußert man lediglich einen Großteil der Kliniken — wodurch man die Aktionäre umgeht.

"Für Eugen Münch ging es wohl darum, noch einmal ein Signal zu setzen: Wir kriegen die Übernahme doch hin", sagt Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Er glaubt, dass Münch auch hofft, auf diesem Weg seine Vision der Netzwerk-Medizin umgesetzt zu sehen. "Es geht mir nicht ums Geld", hatte dieser in einem Interview mit der "FAZ" zuletzt gesagt, sondern vielmehr um eine Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Er sei davon überzeugt, dass die Politik ohne einen unternehmerischen Ansatz keine Lösung für die Probleme im Gesundheitssystem finden werde.

"Große Verbundkliniken können für Patienten besondere Angebote machen, um die Versicherten so zu binden", sagt Boris Augurzky, zum Beispiel durch eine besondere Zusatzversicherung, die nur in diesem Klinikverbund gelte. Da gleichzeitig die Qualität steigen würde, wenn sich Kliniken im Verbund auf bestimmte Leistungen spezialisierten, könnten Kassenpatienten durch die Zusatzversicherung in den Genuss einer besseren medizinischen Versorgung kommen, argumentiert der Experte.

Viele Krankenhäuser haben massive wirtschaftliche Probleme, weil die Kosten immer weiter steigen. Beim RWI rechnet man mit weiteren Fusionen, da so Kosten in der Verwaltung oder beim Einkauf gespart werden können. Solange aber keine Monopole entstünden, sagt Boris Augurzky, müsse man sich um die medizinische Qualität keine Sorgen machen.

Gegenüber den Krankenkassen bekommt die neue Helios-Gruppe mehr Verhandlungsmacht. Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, kritisiert daher: "Unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, dass der Krankenhaus-Markt immer mehr privatisiert und auf einige wenige Anbieter konzentriert wird." Die Gewerkschaft Verdi fürchtet hingegen steigende Arbeitsverdichtung und mehr Druck auf die Löhne. Vorstandsmitglied Sylvia Bühler kritisiert auch den Plan, im Zuge der Übernahme zwei Milliarden Euro an die Rhön-Aktionäre auszuschütten: "Dieses Geld müsste in das Gesundheitswesen und mehr Personal im Restkonzern investiert werden."

(RP)
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