Düsseldorf Für wen sich die Flexi-Rente lohnt

Düsseldorf · Die große Koalition will die Teilrente plus Zuverdienst neu regeln. Das alte Angebot wurde bislang nur wenig genutzt, Experten bezweifeln, dass die Flexi-Rente die Trendwende bringt. Vor allem eine Gehaltsgruppe profitiert am meisten.

Düsseldorf: Für wen sich die Flexi-Rente lohnt
Foto: Weber

Im vergangenen Jahr sind etwa 800.000 Arbeitnehmer in Altersrente gegangen. Nur 2176 von ihnen haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Teilrente mit einem Zuverdienst aufzustocken. Also nur einer von Vierhundert. Das klingt nicht gerade danach, als wenn die Teilrente bisher ein Erfolgsmodell gewesen wäre. Die Gretchenfrage: Warum sollten hunderttausende Rentner Gefallen am längeren Arbeiten finden und ihre monatlichen Altersbezüge um ein paar Euro aufstocken wollen?

Aus Sicht der Kritiker beantwortet auch die Pläne zur neuen Flexi-Rente diese Frage nicht wirklich. Das Maßnahmenpaket der Großen Koalition erhält zwar neben besseren Verdienstmöglichkeiten noch weitere Anreize - Versicherte sollen beispielsweise freiwillig Gesundheitschecks im Alter von 45 Jahren in Anspruch nehmen können - aber den Kardinalfehler sehen sie nicht behoben. "Die Fehlanreize der abschlagsfreien Rente ab 63 werden nicht annähernd kompensiert", sagt die Arbeitgebervereinigung BDA. Ähnlich argumentiert der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen. "Bei denen, die abschlagfrei in Rente gehen, muss man über solche Regelungen nicht mehr reden", sagte Raffelhüschen unserer Redaktion. IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban bemängelte: "Gleichzeitig fehlen im Vorschlag von Union und SPD echte Übergangsoptionen für diejenigen, die nicht bis zum Rentenalter von künftig 67 Jahren durchhalten können."

Zuvor hatte bereits FDP-Chef Christian Lindner die Pläne der Koalition für eine flexiblere Teilrente gegenüber unserer Redaktion als völlig unzureichend kritisiert: "Die leistungsfeindlichen Zuverdienstgrenzen bleiben bestehen. Wer länger arbeiten will, wird weiterhin vom Staat bestraft", sagte der FDP-Vorsitzende. "Anstelle des starren Renteneintrittsalters sollten maßgeschneiderte Lösungen für den Einzelnen treten", forderte Lindner.

Lohnt sich die neue Flexi-Rente also - und wenn ja, für welche Rentner und bei welchem Verdienst?

Bisher ist die Teil-Rente vor allem für Rentenempfänger interessant, die wenig hinzuverdienen. Das bleibt auch bei den neuen Plänen der großen Koalition so. Rentner dürfen weiterhin 450 Euro hinzuverdienen, ohne dass ihnen von ihrem Alterseinkommen etwas abgezogen wird. Bei der Flexi-Rente soll der Übergang aber fließender werden, und auf jeden Fall bringt Hinzuverdienst dem Rentner auch zusätzliches Einkommen. Das ist bei der bestehenden Regelung nicht immer der Fall. Im Extremfall haben Arbeitnehmer bei höherem Hinzuverdienst sogar weniger auf dem Konto, als wenn sie für ihre Arbeitsleistung "nur" 450 Euro vom Unternehmen bekommen hätten. Der Effekt entsteht dadurch, dass - je nach der Verdiensthöhe - die Teilrente um bis zu zwei Drittel der Vollrente sinkt. Pech also, wenn der Bezieher mit seinem Einkommen die Verdienstgrenze um nur wenige Euro überschritten hat.

Nun soll längeres Arbeiten attraktiver werden. Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der eine Teilrente von 800 Euro bekommt, hat nach der geltenden Regel bei einem Zuverdienst von 1500 Euro 1900 Euro zur Verfügung. Nach dem neuen Modell erhielte die gleiche Person 1910 Euro. Ein Rentner mit einem Alterseinkommen von 2000 Euro würde bei einem Hinzuverdienst von 1500 Euro statt bisher 2500 sogar 3110 Euro bekommen. Das heißt: Je höher der Hinzuverdienst, um so stärker macht sich die Zusatzeinnahme bemerkbar - wenn sie nicht von Steuern und Sozialabgaben gefressen wird. "Die Verzahnung von Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht muss so sein, dass der Rentner mehr in der Tasche hat, wenn er arbeitet, als wenn er nach Hause geht", sagt Raffelhüschen.

Die Kosten des Pakets sollen übrigens anfangs rund 300 Millionen Euro zulasten der Rentenkasse betragen - wenn 100.000 Menschen die Möglichkeiten zur Teilrente nutzen. Ob die Zahl realistisch ist, bleibt einstweilen offen.

(RP)
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