Essen/Erkelenz Garzweiler-Aus schon 2025 sorgt für Streit

Essen/Erkelenz · Die Netzagentur erwartet das Aus für 20 Braunkohle-Blöcke bis 2025. Damit könnte auch der Tagebau Garzweiler II früher enden. Das fordern Erkelenz und die Grünen. Verdi sorgt sich um Tausende Jobs. Der Landtag muss ran.

Das Szenario der Bundesnetzagentur, wonach RWE bis 2025 rund 20 Kraftwerks-Blöcke im rheinischen Revier abschalten wird, lässt Bürger in der Region auf ein vorzeitiges Ende des Tagebaus Garzweiler hoffen. "Damit läuft alles auf unser Ziel zu, dass der Tagebau Garzweiler II kleiner wird", sagte Peter Jansen, Bürgermeister der Stadt Erkelenz, unserer Zeitung. Insbesondere dürfte die Umsiedlung der Menschen aus Holzweiler endgültig vom Tisch sein, die dem Braunkohle-Bagger weichen sollen. Jansen mahnte das Land, rasch für Planungssicherheit zu sorgen. Die Landesregierung arbeitet an einer Leitentscheidung für die Zeit nach 2030. Der Bürgermeister fordert, nun müsse sich NRW auch zur Zeit zwischen 2025 und 2030 äußern.

Anlass der Debatte ist ein neues Szenario der Netzagentur, wonach RWE (wie berichtet) künftig bis zu 20 Braunkohle-Blöcke stillegen wird, um die Klimaschutzvorgaben der Bundesregierung zu erfüllen. Betroffen sind unter anderem Blöcke in Hürth, Frimmersdorf, Weisweiler und Niederaußem. Nur die große Anlagen (zwei "BoAs", Block E) in Neurath sowie der Block K in Niederaußem wären demnach noch am Netz. Um diese mit Kohle zu beliefern, würden aber die Tagebaue Inden und Hambach ausreichen, aus denen RWE laut internen Unterlagen 60 Millionen Tonnen pro Jahr holt. Die 35 Millionen Tonnen aus Garzweiler würden dann nicht mehr gebraucht.

Auch Oliver Krischer, Vize-Chef der Grünen im Bundestag, rechnet mit einem frühen Ende der Braunkohle-Verfeuerung: "Die Liste der Netzagentur zeigt deutlich, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele die Uralt-Kraftwerke vom Netz genommen werden müssen. Die bisherigen Planungen der Kraftwerksbetreiber passen in keiner Weise zu den Zielen der Bundesregierung." Erst recht erwarte die Netzagentur nicht, dass jemals neue Braunkohle-Kraftwerke wie die "BoA plus" realisiert würden, die RWE gleichwohl unverdrossen plane.

Die Gewerkschaft Verdi ist alarmiert. Sie sorgt sich um die Folgen für die Beschäftigten: "Wir werden die Prognosen der Netzagentur intensiv prüfen. Bislang sind es für uns nur Spekulationen. Klar ist aber: Bei der Kraftwerksplanung geht es um tausende Beschäftigte und ihre Familien. Es dürfen keine Stellen im rheinischen Revier gefährdet werden, und es müssen Lösungen für die Menschen gefunden werden", sagte Andreas Scheidt, Verdi-Bundesvorstand.

Der RWE-Konzern, der Tagebaue und Kraftwerke betreibt, weist Pläne für ein vorzeitiges Ende von Garzweiler II zurück: "Braunkohle wird noch bis Mitte des Jahrhunderts zur Stromversorgung einen wichtigen Beitrag leisten. Alle Tagebaue und auch der Tagebau Garzweiler sind aus unserer Sicht erforderlich", sagte eine Sprecherin. Nach dem planmäßigen Auslaufen des Tagebaus Inden (circa 2030) seien die Tagebaue Hambach und Garzweiler für eine sichere Kohleversorgung für die Kraftwerke unerlässlich. RWE betonte, dass die Szenarien der Netzagentur unrealistischerweise von festen Abschaltdaten ausgingen und nicht mit der Unternehmensplanung übereinstimmten.

Ähnlich äußerte sich NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) und betonte: "Für NRW ist zentral, dass wir auch in Zukunft auf bezahlbaren, sicheren und umweltfreundlichen Strom zurückgreifen können." Ob Braunkohle-Kraftwerke einen großen Beitrag zur Einsparung von Kohlendioxid leisten, hänge vom derzeit diskutierten Ordnungsrahmen ab. "Auf dieser Grundlage ist es die Entscheidung der Betreiber, welche Kraftwerke weiter Strom produzieren", so Duin.

Die FDP nennt das einen "Beschwichtigungsversuch". Nun soll der Wirtschaftsausschuss des Landtags das Thema am 25. Februar diskutieren. "Um die selbstgesteckten Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen sollen deutsche Kohlekraftwerke stillgelegt und Arbeitsplätze geopfert werden", sagte Dietmar Brockes (FDP).

(RP)
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