Frankfurt/M. Geringqualifizierten droht häufiger Armut

Frankfurt/M. · Binnen zehn Jahren ist der Anteil auf ein Drittel gestiegen. Eine Verbesserung der Bildungschancen wäre nötig.

Geringqualifizierte sind stärker von Armut bedroht als noch vor zehn Jahren. Ein Drittel von ihnen im Alter von mindestens 25 Jahren sei "armutsgefährdet", hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Vor zehn Jahren habe dies nur einem Viertel von ihnen gedroht, erklären die Statistiker. In deren Sprache ist derjenige "armutsgefährdet", der weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erzielt. Dabei sind staatliche Hilfen wie Wohn- oder Kindergeld eingerechnet. In Zahlen ausgedrückt, entspricht das für das vergangene Jahr dem monatlichen Einkommen eines Einpersonenhaushalts von 917 Euro oder weniger, heißt es in der Statistik. Insgesamt sei der Anteil der Geringqualifizierten allerdings binnen zehn Jahren von 17 auf 13 Prozent gesunken, heißt es. Die Zahl der Deutschen, die in die Armut abzurutschen drohen, ist bei einem Anteil von 15,4 Prozent gegenüber 2013 stabil geblieben.

Qualifikation ist ein Schlüssel für die persönliche Beschäftigungssituation und damit auch für die Einkommen. So sei die Erwerbstätigkeit in den unteren Einkommensschichten deutlich unterdurchschnittlich, sagt Judith Niehues vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Das bestätigt auch eine Studie der Universität Duisburg-Essen: Immer weniger Haushalte der Unterschicht und der unteren Mittelschicht könnten von ihren Arbeitseinkünften leben, haben Forscher des dortigen Instituts "Arbeit und Qualifikation" (IAQ) ermittelt.

"Auch wenn mehr Menschen Beschäftigung haben, sind das oft Stellen mit sehr kurzen Arbeitszeiten und sehr schlechter Bezahlung", erklärt Thorsten Kalina, einer der Autoren der Studie. Trotz der guten Lage am Arbeitsmarkt schrumpfe somit die Mittelschicht, also die Bevölkerungsgruppe, die zwischen 60 und 200 Prozent des mittleren Einkommens erzielt. Gehörten ihr 1993 noch 56 Prozent an, seien es 2013 nur noch 48 Prozent gewesen.

Damit wieder mehr Menschen in die Mittelschicht aufsteigen könnten, solle man eine bessere Bezahlung vieler Arbeiten durchsetzen, meinen die Forscher des IAQ. Überhaupt einen Vollzeitjob zu haben, sei die erste Voraussetzung, um zu höheren Einkommensschichten dazuzugehören, meint Judith Niehues vom Institut der deutschen Wirtschaft. Um einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden, müsse man die Bildungschancen verbessern: "So kann man die Durchlässigkeit von der unteren Einkommensschicht in die Mittelschicht erhöhen", sagt die Forscherin des IW-Instituts.

Niehues hält die Struktur der Bevölkerung für recht stabil - auf die vergangenen zehn Jahre gesehen. 2005 hatte die Arbeitslosigkeit ihren Höhepunkt erreicht. Außerdem müsse man auch bedenken, dass das Einkommensniveau insgesamt gestiegen sei, sagt die Expertin. Denn die Lohnzuwächse hätten das mittlere Einkommensniveau erhöht: "Selbst wenn die Mittelschicht schrumpfen und die Armut steigen würde, könnte es sein, dass es trotzdem allen zusammen materiell besser geht."

(RP)
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