Umstrittener Unkrautvernichter Wie gefährlich ist Glyphosat?

Düsseldorf · Glyphosat ist seit Jahren umstritten: Für die einen ist der Stoff ein effektiver und preisgünstiger Unkrautvernichter, für die anderen ein gefährliches Mittel, das Krebs auslöst und die Artenvielfalt gefährdet. Wir beantworten ein paar wichtige Fragen.

Glyphosat ist ein chemischer Stoff, der seit den 1970er Jahren zur Vernichtung von Unkraut eingesetzt wird. Der US-Konzern Monsanto hat ihn unter dem Namen Roundup auf den Markt gebracht. Bis heute ist Glyphosat in der Welt und auch in Deutschland das am häufigsten benutzte Herbizid.

Landwirte setzen es auf 40 Prozent der Felder mindestens einmal im Jahr ein, so das Bundesumweltamt. Bei Raps sind es sogar 90 Prozent der Felder. Meist wird das Mittel zur Aussaat ausgebracht und in Wasser gelöst auf die Felder gespritzt. Glyphosat tötet das Unkraut und schafft damit Platz für Nutzpflanzen wie Raps oder Getreide.

  1. Ist Glyphosat krebserregend?

Die einen sagen so, die anderen so. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), die zur Weltgesundheitsorganisation gehört, stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Die Europäische Lebensmittelbehörde (Efsa) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stufen den Unkrautvernichter dagegen als "wahrscheinlich nicht krebserregend" ein.

Die Widersprüche erklären sich aus dem unterschiedlichen Blickwinkel: Die IARC schaut, ob Glyphosat grundsätzlich Zellen schädigen und Krebs auslösen kann. Das ist offenbar der Fall: Bei Studien mit Mäuseversuchen, auf die sich die Experten beziehen, kam es nach hohen Glyphosat-Verabreichungen öfter zu Tumoren.

Efsa und BfR schauen dagegen, wie groß das tatsächliche Risiko ist, an Krebs zu erkranken. Und sie kommen zu dem Schluss, "dass nach derzeitigem Stand des Wissens bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine Gesundheitsbeeinträchtigung für den Menschen zu erwarten ist", so das Bundesamt. Das gelte für die Anwender ebenso wie für die Konsumenten der Lebensmittel, bei deren Produktion Glyphosat eingesetzt wurde. Mit anderen Worten: Erst die (überhöhte) Dosis macht das Gift.

  1. Was ist mit Rückständen im Bier?

Für Aufsehen sorgte 2016 eine Untersuchung des Umweltinstituts München, das Rückstände in den 14 beliebtesten deutschen Bieren fand. Der für Trinkwasser geltende Grenzwert sei von allen überschritten worden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sah darin kein Problem: Rückstände in Bier seien grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff für Getreide, also auch für Gerste, sei.

Die Rückstände seien aber zu klein, um schaden zu können. "Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken", erklärte die Behörde.

  1. Hat das Bundesinstitut bei Monsanto abgeschrieben?

Umweltschützer werfen dem Bundesinstitut für Risikobewertung vor, die Begründung seiner Einschätzung teilweise bei dem Hersteller Monsanto abgeschrieben zu haben, was die Glaubwürdigkeit der Behörde erschüttere. Das weist die Behörde zurück. Man habe zwar auch die Studien der Antragsteller (also Monsanto) herangezogen - so wie es gesetzlich nun mal vorgeschrieben ist. Man habe aber auch "alle weiteren relevanten und verfügbaren Studien sorgfältig und detailliert in eigener Verantwortung geprüft und bewertet".

  1. Bedroht Glyphosat die Artenvielfalt?

Glyphosat ist ein Totalherbizid. Es vernichtet nicht nur das eigentliche Unkraut, sondern tötet flächendeckend alle Pflanzen auf dem Acker. Damit entzieht es Insekten, Vögeln und anderen Tieren die Nahrungsgrundlage, warnt das Bundesumweltamt (UBA). Als Kompromiss ist nun denkbar, dass die EU Glyphosat für weitere fünf Jahre erlaubt, die Ländern den Nutzern aber zugleich hohe Auflagen machen, etwas für die Artenvielfalt zu tun.

Genau das fordert UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: "Chemischer Pflanzenschutz ist ohne Zweifel risikobehaftet, denn wenn die Mittel wirken, dann nicht ohne Nebenwirkungen für die Umwelt." Deshalb könnten viele der Mittel nur mit hohen Umweltauflagen zugelassen werden. "Das bedeutet, dass die Anwendung von Mitteln mit starken indirekten Auswirkungen nur noch erlaubt ist, wenn der Betrieb einen Mindestanteil an Flächen vorweisen kann, auf denen auch Ackerwildkräuter wachsen", sagte Krautzberger unserer Redaktion.

Insekten und Vögel könnten so unbeeinflusst von Pflanzenschutzmitteln fressen. "Auf diesen ökologischen Ausgleichsflächen müsste jeglicher chemischer Pflanzenschutz unterbleiben."

(anh, jd)
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