Düsseldorf Gold verliert seinen Nimbus

Düsseldorf · Trotz großer Unsicherheit an den Finanzmärkten ist die Gold-Nachfrage gering. Anleger fürchten selbst eine Pleite Griechenlands nicht. Der Goldpreis stagniert seit Monaten auf niedrigem Niveau.

Trotz nächtelanger Verhandlungen ist die Pleite Griechenlands und damit der Ausstieg des Landes aus dem Euro noch nicht endgültig vom Tisch; der Konflikt zwischen dem Westen und Russland schwelt weiter, in den Großstädten steigen die Immobilienpreise, dafür sind in China die Börsen abgestürzt - es gibt genug Krisen, aus denen eine neuerliche Finanzkrise entstehen könnte. Die Börsen sind nervös, heftige Kursschwankungen sind die logische Folge.

In solchen Zeiten suchen viele Anleger nach einem sicheren Hafen. Als solcher galt in vergangenen Krisenzeiten stets Gold, doch das hat seinen Nimbus verloren. Investoren lassen das Edelmetall links liegen. Trotz der großen Unsicherheit an den Finanzmärkten ist die Nachfrage gering; der Goldpreis stagniert seit Monaten auf niedrigem Niveau. So kostete gestern eine Feinunze - also 31,1 Gramm - weniger als 1160 Dollar. Damit liegt der Goldpreis nur ein paar Dollar über dem Fünf-Jahres-Tief, das mit 1138 Dollar Anfang November 2014 erreicht wurde, und ist weit entfernt von früheren Rekordhöhen. Im September 2011 hatte der Preis für eine Feinunze Gold noch über 1920 Dollar gelegen, also um 60 Prozent höher als derzeit.

Dabei hatte es Anfang des Jahres so ausgesehen, als ob sich der Goldpreis wieder fangen würde. Innerhalb weniger Tage stieg er auf mehr als 1300 Dollar. Doch so schnell wie er geklettert war, fiel er auch wieder. Mitte März kostete eine Feinunze nur noch rund 1150 Dollar. Danach hatte er sich relativ stabil bei knapp unter 1200 Dollar eingependelt.

"Die Anleger setzen weit weniger auf Gold als noch bei früheren Krisen, wie nach der Lehman-Pleite 2008 oder zu Beginn der Euro-Krise 2009", erklärt Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Zwar habe es, nachdem die griechische Regierung das Referendum angekündigt hätte, einen kleinen Preissprung gegeben. Der sei aber nicht von Dauer gewesen und habe keine Trendumkehr eingeleitet, sagt Fritsch. Nach seiner Einschätzung rechnen Anleger nicht einmal damit, dass eine (durch die Einigung auf das Hilfspaket auch unwahrscheinliche) Pleite Griechenlands ansteckende Wirkung auf die Finanzmärkte haben würde: "Das Vertrauen in die Institutionen und den Euro-Rettungsschirm ist da." Das sei ein wichtiger Unterschied zu vorherigen Finanzkrisen und erkläre, warum Gold in der Griechenland-Krise so wenig nachgefragt sei. Gerade in den ersten Jahre der Euro-Krise haben Anleger massiv auf Gold gesetzt und so den Kurs nach oben getrieben.

Der Commerzbank-Experte sieht die Entwicklung des Goldpreises allerdings auch nicht kritisch. Denn in Euro gemessen, hat der Preis innerhalb eines Jahres ordentlich zugelegt - um knapp neun Prozent. Er profitiere von der relativen Schwäche des Euro und der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), sagt Fritsche. Durch die Geldschwemme der Notenbank werde das Edelmetall, das ja physisch vorhanden sei, wieder interessanter.

"Es gibt Indizien, dass die Nachfrage nach Gold steigen wird", erklärt der Rohstoff-Fachmann. Er rechne daher mit einem steigenden Preis für das Edelmetall, warnt aber gleichzeitig davor, bei einer Anlage in Gold zu spekulieren. "Bei der Investition in Gold geht es nicht um Performance, sondern um Absicherung", erklärt Fritsch. Das Metall sei eine Reserve für Krisenzeiten. So wie jetzt in Griechenland, wo die Banken schließen und die Menschen nur sehr begrenzt an ihr Vermögen kommen.

(RP)
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