Hoffen auf neue EU-Hilfen Griechenland geht am 20. April das Geld aus

Berlin · Der griechische Ministerpräsident sucht die Unterstützung von SPD, Grünen und Linken, um Merkels Krisenpolitik zu diskreditieren. Seine Reformzusagen bleiben vage. Trotzdem hofft Tsipras auf neue EU-Hilfen schon kommende Woche.

Alexis Tsipras gesteht, viele Probleme seien hausgemacht
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Pressestimmen: "Tsipras gesteht, viele Probleme seien hausgemacht"

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Griechenland bleiben nach jüngsten Berechnungen noch knapp vier Wochen Zeit bis zum 20. April, bis dem Land endgültig das Geld ausgeht. Die griechische Regierung hofft daher auf die Auszahlung neuer EU-Hilfen. Sie hat angekündigt, die verlangte überarbeitete Reformliste bis Montag vorzulegen. Diese soll nach Angaben der Spitze der deutschen Linkspartei, mit der sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gestern in Berlin traf, 18 Punkte umfassen. Tsipras wolle Reiche stärker besteuern, Steuerflucht und Korruption bekämpfen, nicht aber Verbrauchssteuern erhöhen und Privatisierungen vornehmen, berichtete Linksfraktions-Chef Gregor Gysi.

Nach einem fünfstündigen Abendessen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag traf Tsipras gestern Vertreter von SPD, Linken und Grünen in Berlin. Dabei warb der Chef des griechischen Linksbündnisses Syriza für ein Umdenken in der bisherigen Euro-Krisenpolitik: Der Spar- und Reformkurs der vergangenen Jahre sei gescheitert, jetzt müsse die EU mehr Geld in die Hand nehmen, um zu investieren und soziale Härten abzufedern, so Tsipras. Dieser Meinung schloss sich die Linkspartei an. Auch die Grünen kritisierten die zu einseitige Ausrichtung aufs Sparen. Die SPD hielt sich mit Beifall für Tsipras zurück, forderte aber ebenfalls eine Wachstumsinitiative.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach gestern eine gute Stunde mit Tsipras. Das Treffen im Berliner Marriott Hotel am Potsdamer Platz war spontan zustande gekommen. Gabriel sprach hinterher von einer "Normalisierung" des Verhältnisses zwischen Griechenland und Deutschland. Die Griechen benötigten nun Maßnahmen, um wieder in eine Wachstumsphase zu kommen. "Wir wollen helfen, aber das setzt voraus, dass die griechische Regierung selbst eine Politik betreibt, bei der die verabredeten Ziele und Programme eingehalten werden", sagte Gabriel. Klar sei aber, dass Deutschland nicht direkter Verhandlungspartner sei - das sei Sache der Eurogruppe.

Von Tsipras´ Besuch in Deutschland bleibe, dass es wieder einen Gesprächsfaden zwischen beiden Ländern gebe, hieß es in Koalitionskreisen. Konkrete Ergebnisse gab es allerdings nicht, denn Tsipras blieb mit Reformzusagen vage. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der auch mit Tsipras sprach, forderte daher genauere Auskunft über das Reformprogramm. Dazu könnte auch ein höherer Mehrwertsteuersatz auf beliebten Ferieninseln in der Ägäis gehören - was auch deutsche Urlauber träfe. Zudem sollen griechische Bürger, die Schwarzgeld aus dem Ausland wieder ins Land zurücküberweisen, zum Teil begnadigt werden.

Die Grünen-Spitze zeigte nach ihrem Treffen mit Tsipras Verständnis für die griechische Regierung. Der "Austeritätskurs" der Euro-Staaten sei gescheitert, die soziale Schieflage in Griechenland müsse abgefedert werden, forderte Grünen-Chefin Simone Peter. Links-Fraktionschef Gysi warf der Bundesregierung nach seinem Gespräch mit Tsipras vor, zur Verschlimmerung der Lage beizutragen, weil sie über einen "Grexit", den Euro-Austritt, spekuliert und so die Kapitalflucht aus Griechenland verstärkt habe.

Die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben geplante Kredite von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt, weil für den Abschluss des bis Ende Juni verlängerten Hilfsprogramms nicht alle Reformauflagen erfüllt sind. Zudem hatte die Eurogruppe am 20. Februar beschlossen, ungenutzte 10,9 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm EFSF, mit denen griechische Banken im Notfall hätten gestützt werden sollen, aus Griechenland zurück zum EFSF zu transferieren. Athen meint nun, dass davon 1,2 Milliarden Euro hätten abgezogen werden müssen, weil Hilfen vor allem für kleinere Banken geflossen seien. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bat den EFSF, den Sachverhalt zu prüfen.

(mar / rl / qua)
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