Athen Griechenland hat viel Reform-Rückstand

Athen · Das Land hinkt bei der Umsetzung der Vorgaben von 2015 hinterher und muss auf 1,7 Milliarden Euro warten.

Athen: Griechenland hat viel Reform-Rückstand
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Lob und Tadel für den griechischen Finanzminister Euklid Tsakalotos beim Treffen der Eurogruppe in Luxemburg: Die Athener Regierung hat die ihr aufgegebenen 15 Reformschritte fristgerecht umgesetzt. Dafür hat Tsakalotos Anerkennung im Kollegenkreis erhalten, und sein Land ist belohnt worden, weil eine weitere Kreditrate von etwa 1,1 Milliarden Euro zur Auszahlung kommen kann.

Auf 1,7 Milliarden Euro - mit diesem Teilbetrag soll der griechische Staat offene Rechnungen bei Lieferanten und Dienstleistern begleichen - muss Tsakalotos aber noch zwei Wochen warten. Das Geld kann erst fließen, wenn Athen Rechenschaft darüber ablegt, ob die Zahlungsrückstände im September wie vereinbart abgebaut wurden. Man habe die Daten nicht rechtzeitig zusammenstellen können, heißt es in Regierungskreisen. Nun soll die Euro-Arbeitsgruppe bei ihrem Treffen am 24. Oktober die dann hoffentlich vorliegenden Zahlen aus Athen prüfen und die Gelder bewilligen. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erwartet, dass auch die verbleibenden 1,7 Milliarden Euro aus der Tranche freigegeben werden können, wenn das Land noch im Oktober fehlende Angaben zur Begleichung von Zahlungsrückständen liefert. Dabei geht es um Angaben für den Monat September. Es brauche Zeit, diese Daten zu sammeln, sagte Dijsselbloem und äußerte sich zugleich optimistisch: "Wir sind ganz zuversichtlich, dass sie gut ausfallen werden."

Der Vorgang zeigt: Griechenland hinkt mit der Umsetzung der Reformvorgaben des im Sommer des vergangenen Jahres geschnürten dritten Rettungspakets immer noch hinterher. Oft werden Auflagen nur widerwillig und in letzter Minute erfüllt. Eigentlich sollte die jetzt endlich abgeschlossene erste Prüfung bereits Ende 2015 abgehakt sein. Später war vom Frühjahr die Rede. Inzwischen ist es Herbst geworden. Um keine weitere Zeit zu verlieren, soll jetzt unmittelbar die zweite Prüfung beginnen.

Die Reformagenda, um die es dabei geht, ist lang. Sie umfasst nicht weniger als 45 Maßnahmen. Diese zielen darauf, die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen, die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft zu verbessern und soziale Härten abzufedern. Immerhin hat die Regierung scho einiges abgearbeitet. Aber die Liste der verbleibenden 33 Schritte hat es in sich. Dazu gehören: die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2017 bis 2020, Maßnahmen zur Reform der Steuerverwaltung, die Einführung eines Mindesteinkommens, ein Dreijahresprogramm zur Reform der beruflichen Aus- und Weiterbildung, eine weitere Deregulierung des Energiemarktes, Schritte zur Bekämpfung der Korruption und neue Regeln für die Parteienfinanzierung. Auch die Öffnung der so genannten geschlossenen Berufe, staatlich streng regulierter Tätigkeiten, kommt wieder auf die Tagesordnung - ein griechisches Dauerthema, das trotz jahrelanger Bemühungen immer noch nicht abgearbeitet ist.

Zwei weitere Vorgaben bergen besonderen politischen Sprengstoff: Die Privatisierung des Stromnetzbetreibers Admie und die Arbeitsmarktreform, bei der es um die Liberalisierung des Tarifvertragsrechts und die Lockerung des Kündigungsschutzes geht. Beide Punkte stoßen nicht nur bei den Gewerkschaften, sondern auch innerhalb der Regierung auf erbitterte Widerstände. Premierminister Alexis Tsipras hofft deshalb auf Zugeständnisse der Gläubiger. Er will die zweite Prüfung möglichst bis zum Jahresende abschließen, um so den Weg für Verhandlungen über Schuldenerleichterungen zu ebnen - ein Thema, mit dem er innenpolitisch punkten könnte.

(RP)
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