Berlin Gröhe will Versandhandel verbieten

Berlin · Rezeptpflichtige Arzneien dürfen nicht mehr von DocMorris und Co. vertrieben werden.

Verschreibungspflichtige Arzneimittel sollen nach dem Willen von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) künftig nicht mehr per Versandhandel vertrieben werden können. Das geht aus einem Gesetzentwurf seines Ministeriums hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Gröhe will den Gesetzentwurf noch in dieser Wahlperiode durch den Bundestag bringen, daher hat er den Entwurf gestern parallel an den Bundestag und ans Kanzleramt verschickt.

Damit reagiert der Minister auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH hatte es ausländischen Versandapotheken im Oktober ausdrücklich erlaubt, ihren Kunden Preisnachlässe auch auf rezeptpflichtige Medikamente zu gewähren. Damit könnten DocMorris und Co. den deutschen Patienten die Zuzahlung ganz oder teilweise erlassen.

In Deutschland können die Apotheker dagegen keine Rabatte gewähren, da eine Preisbindung gilt und sie überdies die Zuzahlung pro Packung von fünf oder zehn Euro bei Kassenpatienten einfordern müssen. Die Apotheker hierzulande fürchteten daher, dass infolge des Urteils immer mehr Patienten, insbesondere chronisch Kranke, ihre Arzneien im Ausland bestellen und damit eine lukrative Einnahmequelle versiegt. Deutsche Apotheken machen derzeit 83 Prozent ihres Umsatzes mit rezeptpflichtigen Medikamenten.

Allerdings ist es nach europäischem Recht ausdrücklich erlaubt, dass ein Land den Versandhandel von Arzneien ganz verbietet - und diesen Ausweg hat der Gesundheitsminister nun genutzt. Er steht auf Seiten der deutschen Apotheker. Durch die Preisnachlässe der Versandhändler aus dem europäischen Ausland sieht er die Apotheker im Nachteil und damit ihre Existenz bedroht. Ziel des Gesetzes sei es, "die bestehende Struktur der flächendeckenden, wohnortnahen und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln auch weiterhin zu gewährleisten", heißt es in dem Gesetzentwurf.

"Deutschland schließt sich damit den 21 Mitgliedstaaten der Europäischen Union an, die in ihrem nationalen Recht ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Humanarzneien verankert haben", heißt es im Entwurf weiter. Der Versand von Tierarzneimitteln und auch die Zustellung von Arzneimitteln durch Apothekenpersonal sollen erlaubt bleiben.

Die SPD steht Gröhes Gesetzentwurf skeptisch gegenüber. Allerdings waren es auch SPD-geführte Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, die ein Verbot eingefordert hatten. Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sprach sich ausdrücklich für ein Verbot aus.

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sieht Gröhes Plan kritisch. "Ein Verbot halte ich für den falschen Weg. Damit droht der Gesundheitsminister Schiffbruch vor dem Europäischen Gerichtshof zu erleiden, denn ein Verbot dürfte die Spielregeln des EU-Binnenmarktes verletzen", sagte Baas unlängst unserer Redaktion. Es müsse auf anderem Wege dafür gesorgt werden, dass die Versorgung auf dem Land gewährleistet sei.

Auch DocMorris-Chef Olaf Heinrich hatte vor den Folgen eines Verbots gewarnt: Damit würden die wirtschaftlichen Interessen von 20.000 Apothekern höher bewertet als die Entlastung von Millionen Patienten, besonders von chronisch kranken Menschen.

(qua)
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