Frankfurt Großaktionäre im Visier der EZB

Frankfurt · Die Aufseher erwägen ein Inhaberkontrollverfahren gegen die Großaktionäre der Deutschen Bank aus Katar und China.Zugleich will die Bank nur noch besonders reiche Kunden gesondert beraten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will offenbar die Großaktionäre der Deutschen Bank aus China und Katar genauer unter die Lupe nehmen. Laut "Süddeutscher Zeitung" prüfen die Bankenaufseher der EZB, ob sie ein Inhaberkontrollverfahren gegen die chinesische HNA-Gruppe und die Herrscherfamilie aus Katar einleiten soll. Die Prüfung befinde sich jedoch noch in einem frühen Stadium. Die EZB und die Deutsche Bank wollten keine Stellung dazu nehmen. Bei einem solchen Inhaberkontrollverfahren wird überprüft, ob die Anteilseigner vertrauenswürdig und finanziell gesund sind, woher das Geld für das Investment stammt und ob der Investor in kriminelle Handlungen wie beispielsweise Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verwickelt ist.

Ein solches Inhaberkontrollverfahren ist vorgeschrieben, wenn der Anteil der Aktien die Zehn-Prozent-Schwelle überschreitet. Die beiden Großaktionäre liegen allerdings jeweils knapp darunter. Doch können die Aufsichtsbehörden auch aktiv werden, wenn die Aktionäre erheblichen Einfluss auf die Bank haben. So sind beide im Aufsichtsrat der Deutschen Bank vertreten. Sie werden also vom Vorstand im Kontrollgremium regelmäßig über die Geschäfte der Bank unterrichtet. Dadurch könnten sie also maßgeblichen Einfluss ausüben.

Deshalb könnte die EZB möglicherweise zum ersten Mal überhaupt die ihr zustehende Ausnahmeregelung nutzen, um das Inhaberkontrollverfahren in Gang zu setzen. Dass sie jetzt diesen Schritt erwägt, könnte auch mit der jüngsten Hauptversammlung zu tun haben, vermutet Klaus Nieding, Vizepräsident der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Denn da hatten HNA und die Scheich-Familie aus Katar bei verschiedenen Abstimmungen identische Voten abgegeben: "Deshalb muss man sicherlich die Frage eines ,acting in concert' untersuchen", sagt der Aktionärsschützer. Eine solch informelle Absprache von Aktionären etwa bei der Ausübung der Stimmrechte ist nicht erlaubt. So soll auch eine "dauerhafte und erhebliche Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft" verhindert werden - so schreibt es das Wertpapier- und Übernahmegesetz vor. Sollte dieses Vergehen nachgewiesen werden, hätte das den Stimmrechtsverlust zur Folge. In diesem Fall würden die Anteile wie Vorzugsaktien behandelt.

Die Deutsche Bank kann sich ihre Aktionäre nicht aussuchen. Deshalb schauen die Behörden, also die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die EZB-Bankenaufsicht, darauf, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Im Fall Katars steht der insbesondere von Saudi-Arabien geäußerte Verdacht der Terrorfinanzierung im Raum, bei der chinesischen HNA dürfte man den Einfluss des chinesischen Staates prüfen und die Zuverlässigkeit der Finanzierung.

Nieding hält es für denkbar, dass die EZB auch von US-Seite zum Handeln aufgefordert worden sein könnte. Ihr Argwohn gegenüber Investoren aus dem Nahen Osten sei bekannt, hinzu kämen die Vorwürfe der Terrorismusunterstützung von einigen Nachbarländern Katars.

Um viel Geld geht es auch bei der Änderung der Kundenbetreuung: So will die Deutsche Bank nur noch besonders reiche Kunden gesondert beraten, wie der Ko-Geschäftsführer der zuständigen Sparte, Daniel Kalczynski, der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sagte. Weniger Reiche werden dem Private Banking zugeschlagen, das in Filialen angeboten wird, auf standardisierte Produkte setzt und bei dem ein Berater viele Kunden hat. Als Schwelle gilt ein Vermögen von zwei Millionen Euro. Bis zu 15 Prozent der Kunden sollen an das Private Banking übergehen, 140 der 800 Stellen in der Vermögensverwaltung wegfallen.

(RP)
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