Bitkom Gründern fehlen die Fachkräfte

Berlin/Düsseldorf · Der Bedarf an IT-Mitarbeitern ist bundesweit groß. Darunter leiden inzwischen auch Start-ups.

Bundesweit jedes vierte Start-up nennt einen Mangel an Fachkräften als gravierendes Hemmnis für seine Entwicklungsmöglichkeiten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Technologieverbands Bitkom unter etwa 150 Jungunternehmen in Deutschland. Die Erkenntnis trifft laut Bundesverband Deutsche Start-ups auch auf NRW zu. Der Bedarf an Fachkräften sei immens, doch vor allem im IT-Bereich fehle es an qualifizierten Kandidaten, heißt es.

"Start-ups sind Unternehmen mit zumeist sehr anspruchsvollen Aufgaben. Ihre Produkte sind meist softwaregetrieben, dementsprechend suchen sie auch viele Entwickler und Programmierer", erklärt Paul Wolter vom Start-up-Bundesverband. Die Gründe für den Mangel an geeignetem Personal seien vielfältig, aber "das offensichtlichste Problem ist die sicherlich zu geringe Zahl derer, die sich für eine Ausbildung im digitalen Bereich interessieren. Die Nachfrage übersteigt derzeit das Angebot."

Diese Aussage bestätigt sein Vorstandskollege Torsten Jensen, gleichzeitig Regionalsprecher für Nordrhein-Westfalen und ehemals selbst Gründer eines Start-ups. "Der Markt schreit förmlich nach guten IT-Fachkräften. Überall sieht man offene Stellenangebote." In Zahlen ausgedrückt: Gründer aus der Rhein-Ruhr-Region möchten derzeit jährlich rund sieben neue Mitarbeiter einstellen, bei einer durchschnittlichen Unternehmensgröße von etwa 15 Mitarbeitern. Das entspricht einem Wachstum von fast 50 Prozent pro Jahr - Zahlen, die kein Großkonzern liefern kann.

Und dennoch sind es auf den ersten Blick genau diese Konzerne, die mit den Jungunternehmen um die wenigen verfügbaren Fachkräfte konkurrieren. "Die großen Unternehmen verdienen gutes Geld und können ihre Mitarbeiter dementsprechend attraktiv vergüten. Start-ups können mit diesen Gehältern nicht konkurrieren", sagt Paul Wolter. "Gerade NRW bietet die höchste Dichte an Dax-Konzernen", ergänzt Torsten Jensen. Daher sei die Konkurrenz im Bereich der Personalrekrutierung groß und Einfallsreichtum gefragt. Man müsse sich an diejenigen Kandidaten wenden, die sich eher für eine Anstellung in einem Start-up als in einem Großkonzern interessieren, für die ein besonderes Arbeitsumfeld und flache Hierarchien wichtiger sind als finanzielle Vorteile und gesicherte Anstellungsverhältnisse.

Die Bindung und Rekrutierung heimischer Talente gelingt in NRW offenbar aber sehr gut. Rund 84 Prozent aller Mitarbeiter in Start-ups aus der Rhein-Ruhr-Region kommen aus Deutschland. "Städte wie Düsseldorf und Köln haben eine hohe Anziehungskraft auf junge Talente - das ist von Vorteil", weiß Jensen. Zudem hätten moderne Rekrutierungsmethoden gewisse Erfolge gebracht. "Es gibt spezielle Gruppen in den sozialen Netzwerken wie etwa Facebook, in denen Start-up-Jobs mit einer interessierten Community geteilt werden. So werden Talente oft aufgespürt, bevor sie für andere Unternehmen auf dem Radar auftauchen."

Den Gesamteindruck, dass es in Deutschland generell an geeignetem Nachwuchs fehlt, bestätigt zwar auch Tobias Kollmann, NRW-Landesbeauftragter für digitale Wirtschaft. Doch er relativiert auch: "Grundsätzlich gibt es einen Mangel an IT-Fachkräften. In NRW kann man die Situation aber als entspannter bezeichnen, da wir mit den Standorten Duisburg-Essen, Dortmund und Münster drei starke Universitäten haben, die viele ausgezeichnet qualifizierte Fachkräfte für den Markt ausbilden."

Zudem würden die Jungunternehmen nicht nur mit großen Konzernen um neue Mitarbeiter konkurrieren, sondern auch untereinander. Beide Pole müssten daher zusammengeführt werden, um Synergien nutzen zu können. In NRW habe man daher die Initiative "Digitale Wirtschaft NRW" angestoßen, die die Zusammenarbeit zwischen großen und kleinen Unternehmen branchenübergreifend fördern soll.

(p-m)
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