Berlin Grüne: Ökostrom soll billiger, Kohlestrom teurer werden

Berlin · Vor dem Grünen-Parteitag fordert Schleswig-Holsteins Umweltminister Habeck den kostenneutralen Umbau der Preise.

Strom aus erneuerbaren Energien soll künftig billiger, Kohlestrom dagegen durch den Abbau staatlicher Subventionen deutlich teurer werden. Diesen Vorstoß zur Umsteuerung der Energiepolitik will Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck auf dem Grünen-Bundesparteitag ab Freitag in Halle durchsetzen. "Wir sollten Gebühren und Abgaben reorganisieren, damit Verbraucher bei den Strompreisen entlastet werden und es bei Preisen für fossile Energieträger eine Lenkungswirkung gibt", sagte Habeck. "Es kann doch nicht richtig sein, dass die Umlage für die erneuerbaren Energien steigt, während die Preise für Öl, Gas und Kohle niedrig sind wie lange nicht", sagte der Grünen-Politiker.

Habeck, der dem realpolitischen Flügel angehört, will bei der Bundestagswahl 2017 als Grünen-Spitzenkandidat antreten. Dazu muss er im Herbst 2016 bei einer Urwahl durchsetzen. Neben ihm haben auch die Chefs der Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, ihre Kandidaturen angekündigt. Nach dem Parteitag, auf dem die Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir wieder gewählt werden möchten, ist absehbar, dass mindestens auch Özdemir seinen Hut in den Ring wirft. Habeck ist daher daran gelegen, sein bundespolitisches Profil jetzt zu schärfen.

Konkret läuft Habecks Vorstoß darauf hinaus, umweltschädliche Subventionen für Öl, Kohle und Gas abzubauen. Mit den eingesparten Mitteln soll dann aber die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entsprechend gesenkt werden, so dass für Stromverbraucher keine Mehrkosten entstehen.

Auf dem Parteitag will Habeck zudem durchsetzen, dass die Grünen ihr bisheriges Ziel aufgeben, den Strombedarf bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. "Politik ist dann relevant, wenn sie sich mit der Realität auseinandersetzt: Auch wenn wir beim Strom in den letzten Jahren gut vorangekommen sind, ist die Energiewende im Wärme- und Verkehrssektor bisher ausgeblieben", betonte Habeck. Die beiden Bereiche müssten künftig viel stärker elektrifiziert werden, etwa durch Elektromobilität, was aber auch den Kohlestrom unabdingbar mache. Unter diesen Bedingungen "rechnet selbst Greenpeace frühestens 2040 mit dem Kohleausstieg", sagte Habeck.

Scharfe Kritik übte der Grünen-Politiker an der deutschen Klimapolitik vor dem Weltklimagipfel, der in zwei Wochen in Paris beginnt. "Die Kohleabgabe wurde kassiert. Mir ist schleierhaft, wie Deutschland seine eigenen Klimaziele erreichen will." Der vermeintliche Klimavorreiter Deutschland "schafft es nicht, einen Kohleausstieg einzuleiten".

Er selbst wolle in Halle "keinen innerparteilichen Wahlkampf" führen, betonte Habeck. "Ich buhle nicht um gesetzte Reden oder habe Anträge mit der Schere im Kopf gestellt." Er wünsche Özdemir und Peter bei ihrer Wiederwahl "hervorragende Ergebnisse". Beide Parteichefs "leisten einen großen Beitrag, die Grünen geschlossen und profiliert zu halten", sagte Habeck.

Nach einem Monitoring-Bericht der Bundesregierung, den das Kabinett heute billigen soll, ist der Energieverbrauch in Deutschland 2014 um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, vor allem wegen des milden Wetters. Im ersten Halbjahr 2015 habe der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch erstmals über 30 Prozent gelegen.

(mar)
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