Köln Handelsketten zeigen Herz für krummes Gemüse

Köln · Zweibeinige Möhren, krumme Gurken, Zitronen mit grünen Flecken - das waren lange Produkte, um die der deutsche Handel einen Bogen machte. Doch das scheint sich zu ändern. Jüngstes Beispiel ist der Discounter Penny, der ab kommender Woche in seinem Bio-Sortiment der Eigenmarke "Naturgut" auch Obst und Gemüse verkaufen will, das bislang wegen Farb- oder Formfehlern nicht den Weg in die Regale schaffte.

"Bio-Landwirte sollen auch äußerlich nicht perfekte Erzeugnisse in den Handel bringen können, statt sie unter ihrem Wert in die industrielle Weiterverarbeitung geben zu müssen", begründet Penny-Chef Jan Kunath den Vorstoß.

Was bemerkenswert dabei ist: Einen Preisnachlass für die als "Bio-Helden" vermarkteten "nicht normgerechten" Produkte soll es nicht geben. Sie werden ganz einfach zusammen mit den "normalen" Produkten verpackt. Schließlich seien sie qualitativ und geschmacklich einwandfrei, heißt es.

Frank Waskow, Lebensmittelexperte der Verbraucherzentrale NRW, begrüßt den Schritt: "Es ist erst mal ein gutes Anliegen, um zu verhindern, dass die Lebensmittel im Müll landen. Oftmals liegt es ja nicht mal am Aussehen oder der Form, sondern schlicht an der Größe." Waskow regte an, die Qualitätsanforderungen im Handel schrittweise wieder etwas herunterzufahren. "Die Verbraucher müssen wieder lernen, dass eine Möhre auch einen kleinen Knick haben darf. Dass auch eine krumme Gurke schmeckt." Aber es werde nicht einfach, die "ugly fruits" zu vermarkten.

Axel Altenweger, Betriebsleiter auf dem Klostergut Wiebrechtshausen, betont die Vorteile für die Landwirte: "Jetzt kann ich größere Mengen zu angemesseneren Preisen in den Handel bringen", meint er. Ökologischer Anbau werde dadurch lohnender.

Bis zu 40 Millionen Packungen mit den qualitativ einwandfreien, aber vom Aussehen her gewöhnungsbedürftigen Produkten will Penny binnen eines Jahres verkaufen.

Ganz allein ist das Unternehmen mit seiner Initiative allerdings nicht. Auch der Konkurrent Aldi Nord besteht zwar bei normalem Obst und Gemüse auf Ware der Handelsklasse eins. Doch bei Produkten aus ökologischem Anbau habe der Discounter "eine höhere Toleranz bezüglich Form, Ausfärbung oder der äußeren Beschaffenheit", betonte eine Sprecherin. Andere Handelsketten wie Edeka, Rewe oder Netto bringen Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern bei zeitlich befristeten Verkaufsaktionen an die Kunden. Die meist aus konventionellem Anbau stammenden Produkte gibt es dann allerdings in der Regel zu deutlich herabgesetzten Preisen.

(tak/dpa)
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