Barcelona/Düsseldorf Handytechnik steuert künftig Fabriken

Barcelona/Düsseldorf · Am Montag startet in Barcelona die weltweit wichtigste Messe der Mobilfunkindustrie. Interessant für Privatkunden: Geräte unter der Marke Nokia kehren zurück, die Akkustärke nimmt zu, die Kunden kaufen teurere Geräte.

Barcelona/Düsseldorf: Handytechnik steuert künftig Fabriken
Foto: Zörner

Der Trend in der Handyindustrie schien klar: Jedes Jahr bringen immer günstigere Geräte immer bessere Leistung. Doch nun kommt es anders. Der Durchschnittspreis für verkaufte Smartphones hat sich 2016 in Deutschland um 5,3 Prozent auf 412 Euro erhöht. Das zeigt eine gestern veröffentlichte Studie des Branchenverbandes für Unterhaltungselektronik (gfu). "Das Smartphone ist mit einer durchschnittlichen Nutzung von 90 Minuten am Tag der zentrale Assistent für nahezu alle Lebensbereiche geworden", sagt dazu Holger Neinhaus, Partner der Düsseldorfer Unternehmensberatung SMP. "Und da greifen viele Kunden eben auch gerne zu den Edelgeräten von Apple oder anderen Unternehmen."

Die Entwicklung bestätigt, wie sehr sich die weltweite Mobilfunkbranche zur extrem breit aufgestellten Industrie zur Lösung von (fast) allen Problemen entwickelt hat. Mehr als 100.000 Gäste werden ab Montag auf der global wichtigsten Mobilfunkmesse Mobile World in Barcelona erwartet. Es kommen nicht nur die Manager von Samsung, Huawei oder den Telefonkonzernen, sondern auch Vertreter der Autounternehmen, Experten aus der Gesundheitswirtschaft und der Automatisierung der klassischen Industrie.

"Wir erleben eine faszinierende Entwicklung", sagt Roman Friedrich, Partner der Beratungsfirma Alix, "einerseits wird die Telekommunikation für Wirtschaft und Gesellschaft immer wichtiger. Andererseits ist der Preisdruck auf die Netzebetreiber so riesig, dass sie ihre Kosten schnell weiter senken müssen."

Wohin die Reise geht, zeigt in Barcelona beispielsweise der schwedische Netzwerkbauer Ericsson mit dem chinesischen Mobilfunkkonzern China Mobile: In einer Mini-Fabrik kommunizieren Maschinen per Mobilfunkmodul des künftigen 5G-Standards. Weil diese Technik Informationen im Bruchteil einer Sekunde austauscht, können Roboter angelieferte Teile so geschickt in Empfang nehmen wie ein Mensch. "Die nächste Mobilfunkgeneration wird auch unsere Fabriken revolutionieren", sagt dazu Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland.

Postchef Frank Appel prognostiziert als Ergebnis der neuen Digitaltechnik ("Industrie 4.0"), dass viele Unternehmen Teile ihrer Fertigung nach Deutschland zurückholen, weil Personalkosten eine immer kleinere Rolle spielen. Dagegen werde die gute Ausbildung der Facharbeiter ein immer größerer Wettbewerbsvorteil für Deutschland.

Ein weiterer Trend: Die Industrie vernetzt auch einfache Gegenstände miteinander. So will die Deutsche Telekom erläutern, wie Sensoren mit Schmalbandfunk melden, dass Mülleimer auf der Straße voll sind oder Bäume frisches Wasser brauchen. Der Clou an den Sensoren ist, dass ihre Batterie mehrere Jahre durchhält, weil nur sehr wenige Daten versendet werden. "Mit dem Internet der Dinge kommen 50 Milliarden Geräte neu ans Netz", sagt Telekom-Chef Tim Höttges, "das erhöht die Produktivität und kann auch das Leben stark erleichtern."

Natürlich werden in Barcelona auch Dutzende neue Smartphones präsentiert. Apple fehlt zwar traditionell auf der Messe, doch schon jetzt ist absehbar, dass Huawei mindestens ein neues Spitzenmodell zeigen wird. Eines wurde in China bereits unter dem Namen V9 vorgestellt und soll mittels Laserfokus fähig sein, dreidimensionale Bilder aufzunehmen. Der Akku mit 4.000mAh bestätigt den Trend, dass in neue Modelle immer bessere Batterien eingebaut werden, damit sie trotz allgemein steigender Daten- und Videonutzung nicht zu schnell schlappmachen.

Auch große Namen aus der Vergangenheit wollen den Kongress für einen Comeback-Versuch nutzen. So ist mit Telefonen unter der Marke Nokia zu rechnen, die allerdings von einem anderen finnischen Unternehmen entwickelt wurden. Die Branche erwartet, dass es für rund 60 Euro eine Neuauflage des vor 17 Jahren erstmals verkauften Nokia 3310 geben wird. Das Nachfolgemodell des Klassikers wird wahrscheinlich eine extrem lange Akkulaufzeit haben. Außerdem sollen am Sonntag unter dem Namen des früheren Weltmarktführers auch neue Smartphones und Tablet-PCs vorgestellt werden - in China gebaut.

(RP)
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