Düsseldorf Die Kochkisten AG

Düsseldorf · Das Start-up HelloFresh will an die Börse - dabei sind die Zahlen eher mau. Freuen könnte sich ein anderes Unternehmen.

Wenn HelloFresh tatsächlich im Herbst an die Börse gehen sollte, erwerben Anleger Anteile an einem Unternehmen, das sein Geschäft mit Rotkohlsalat und Grillwürstchen, Eierspätzle mit Gemüse und lauwarmem Nudelsalat macht. In Kochkisten verschickt das Start-up die portionierten Zutaten, die anschließend nur noch zubereitet werden müssen.

So simpel die Idee, so hoch ist der Preis, der für HelloFresh aufgerufen wird. Etwa eine Milliarde Euro, so schätzen Insider, könnte der Online-Dienst bei einem Börsengang wert sein - obwohl er im vergangenen Jahr nur etwa 70 Millionen Euro umsetzte und Zahlen zum Gewinn nicht veröffentlichte. Doch auf aktuelle Bilanzen kommt es im Online-Geschäft ja häufig nicht an. Bewertet werden vielmehr die Perspektiven, die einem Unternehmen zugeschrieben werden. Und da rechnen sich die Investoren - allen voran Hauptanteilseigner Rocket Internet - große Chancen aus. Für Oliver Samwer, Chef der Start-up-Schmiede Rocket Internet, ist der Verkauf von Lebensmitteln über das Internet eines der großen Zukunftsgeschäfte. Nach dem Börsengang im vergangenen Jahr hat Rocket Internet viele Millionen Euro in Lebensmittel-Lieferdienste wie Delivery Hero und eben HelloFresh investiert.

Nun will Rocket, dessen Geschäftsmodell es ist, Start-ups am Fließband zu gründen und dann erfolgreich zu machen, offenbar Kasse machen. Die Platzierung von HelloFresh-Papieren wäre der erste Börsengang einer Rocket Internet-Beteiligung seit der eigenen Emission vor einem Jahr. Und es wäre zugleich ein wichtiges Signal an die eigenen Investoren, die zuletzt etwas den Glauben an das Gespür von Oliver Samwer verloren zu haben schienen. Der Aktienkurs von Rocket Internet lag nach einem zwischenzeitlichen Anstieg auf 56 Euro zuletzt sogar unter dem Ausgabekurs von rund 33 Euro. Als die Gerüchte über HelloFresh gestern jedoch bekannt wurden, zog der Kurs deutlich an.

HelloFresh ist einer von Rockets größten Hoffnungsträgern. Das Unternehmen hat zwölf Beteiligungen definiert, die als besonders erfolgsversprechend gelten. Dazu gehören neben den Lebensmittel-Lieferdiensten Foodpanda und HelloFresh die Online-Möbelhändler Westwing und Home24. Auch sie könnten irgendwann von Rocket Internet an die Börse gebracht werden und den Samwers die Kassen füllen.

Für Anleger sind die Digitalunternehmen eine Wette auf die Zukunft. HelloFresh wurde erst 2011 gegründet. Aktuell liefert das Unternehmen monatlich rund vier Millionen Portionen, also Rezepte und Zutaten zum Selberkochen, an Haustüren in Deutschland, Großbritannien, den Benelux-Staaten, Österreich, Australien und den USA. Letztere sind aktuell der wichtigste Markt für das Start-up.

Um sich gegen Konkurrenten wie den US-Rivalen Blue Apron zu behaupten, setzt HelloFresh auf schnelles Wachstum. In den USA baut es aktuell seine Produktionskapazitäten aus. Für Anleger bedeutet das: Die Aussichten auf schnelle Gewinne sind wahrscheinlich eher gering - und die Konkurrenz bei Börsengängen ist groß. Bei einer Emission im Herbst würde HelloFresh mit Unternehmen wie dem Kleinanzeigen-Portalbetreiber Scout24, der Zugssparte von Bombardier oder Bayers Kunststoffsparte Covestro konkurrieren.

(RP)
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