Düsseldorf Henkel bietet Milliarde für US-Hersteller

Düsseldorf · Die USA sind schon jetzt der wichtigste Markt von Henkel, nun wollen die Düsseldorfer den Verpackungshersteller Darex dazu kaufen. Auch wegen Trump sei das ein sinnvoller Deal, so Analysten. Geld hat Henkel ohnehin genug.

Am Anfang stand die Not: Als Henkel 1922 die Klebstoffe für seine Waschmittel-Kartons ausgingen, rührte das Unternehmen im Werk Düsseldorf-Holthausen erstmals Leim zusammen: Papierkleber, Kartonkleber und Paketkleber. Aus der kleinen Produktion für den Eigenbedarf wurde mit der Zeit eins von drei Standbeinen mit Pritt-Stift und Industrie-Kleber. Heute ist Henkel Weltmarktführer bei Klebstoffen. Um diese Position auszubauen, kauft Konzernchef Hans Van Bylen nun erneut zu: Für 1,05 Milliarden Dollar (995 Millionen Euro) will Henkel die US-Verpackungsfirma Darex Packaging Technologies übernehmen. Henkel habe ein verbindliches Angebot abgegeben und sei mit dem Mutterkonzern GCP in exklusiven Verhandlungen, teilte der Konzern gestern mit.

Darex stellt Abdichtungen und Beschichtungen von Metallverpackungen her, die in Getränke-, Lebensmittel- und Sprühdosen verwendet werden. 2016 erzielten die rund 700 Darex-Mitarbeiter einen Umsatz von 285 Millionen Euro. Das Unternehmen hat seit langem Erfahrung in diesem Bereich: Schon 1921 entwickelte Darex eine erste Dosenabdichtung, die das umstrittene Lötverfahren ablöste.

Klebstoffe haben für den Persil-Hersteller eine große Bedeutung: Mit seinen Dicht- und Klebstoffen sowie High-Tech-Beschichtungen erzielte Henkel 2016 fast die Hälfte seines Gesamtumsatzes von 19 Milliarden Euro. Entsprechend zufrieden ist Klebstoff-Vorstand Jan-Dirk Auris: "Darex würde unser Portfolio für den Bereich der Metallverpackungen sehr gut ergänzen und unsere Position in diesem nicht-zyklischen Geschäft weiter stärken." Mit anderen Worten: Die Autoindustrie, die Henkel ebenfalls mit seinen Klebern beliefert, kennt konjunkturelle Aufs und Abs, Dosen gehen immer.

Mit der Akquisition pirscht sich Henkel zugleich an sein Ziel heran, möglichst rasch einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro zu erreichen. Das wurde vor fünf Jahren als Ziel vom 2016 ausgeschiedenen Vorstandschef Kasper Rorsted verkündet. Doch 2016 kamen dann letztlich nur 18,7 Milliarden Euro Umsatz zusammen.

Analysten halten die jüngste Shopping-Tour für vernünftig. "Die Übernahme passt in die Henkel-Strategie, Schritt für Schritt durch mittlere Zukäufe zu wachsen statt eine Riesenübernahme mit vielen Risiken zu stemmen. Auch mit Blick auf die Preise ist das sinnvoll: Riesenübernahmen können mal schnell zu teuer werden", sagt Thorsten Strauß, Analyst der NordLB. Henkel hat in den vergangenen Jahren bereits viele mittlere Zukäufe getätigt (Grafik).

Die Finanzierung ist für die Düsseldorfer ohnehin kein Problem. Zwar hat der Konzern gerade erst Milliarden für den US-Waschmittelhersteller Sun ausgegeben. "Doch Henkels Cash Flow ist so hoch und die Fremdfinanzierung so günstig, dass Henkel den Kaufpreis leicht stemmen kann", meint Strauß.

Zuletzt hatte Henkel Fremdkapital für null oder sogar Negativzinsen bekommen. Bei einem Börsenwert von 48 Milliarden Euro sind die 2,3 Milliarden Euro Schulden, die Henkel hat, ohnehin sehr wenig. Die Börse reagierte gleichgültig, die Aktie blieb nahezu konstant.

Zugleich verstärkt der Deal die Präsenz der Düsseldorfer in den USA. 2015 hat Henkel endlich den Waschmittel-Klassiker Persil in den USA eingeführt, im Klebstoffgeschäft ist man schon lange stark. Die USA sind der größte Einzelmarkt von Henkel. Hier macht der Konzern 25 Prozent seines Umsatzes und knapp 20 Prozent seines Ergebnisses. Kartellprobleme erwarten Beobachter bei der Darex-Übernahme nicht - trotz der Abschottungspolitik des neuen US-Präsidenten. "Grundsätzlich wird mit dem Politikwechsel in den USA das US-Geschäft riskanter. Doch angesichts der protektionistischen Pläne von Donald Trump ist es besser, in den USA zu investieren und hier Produktionskapazitäten zu haben, als deutsche Produkte in die USA zu exportieren", sagt Analyst Strauß. Mit den Arbeitnehmervertretern von Darex will Henkel nun Gespräche aufnehmen.

(RP)
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