Düsseldorf IG Metall fürchtet um 4050 Thyssenkrupp-Jobs

Düsseldorf · Der Betriebsrat hat aus den spärlichen Informationen der Konzernführung seine Schlüsse gezogen. Demnach dürften in den kommenden Jahren Tausende Jobs wegfallen. Die Beschäftigten rufen zu einer Großkundgebung in Duisburg auf.

Einen Tag vor der nächsten Aufsichtsratssitzung des Essener Thyssenkrupp-Konzerns werden knapp 20 Kilometer Luftlinie entfernt Tausende Stahlkocher lautstark ihrem Unmut Luft machen. Der Betriebsrat der Stahlsparte hat für den 3. Mai zu einer Großkundgebung in Duisburg-Hüttenheim aufgerufen. "Wir rechnen mit mehr als 5000 Teilnehmern", sagte Günter Back, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von Thyssenkrupp Steel, unserer Redaktion. Der Betriebsratsvorsitzende des Werks in Duisburg-Hüttenheim, Werner von Häfen, sprach sogar von 10.000 Teilnehmern. Bereits in den vergangenen Tagen hatte es vereinzelte Protestaktionen gegeben.

Grund für die Kundgebungen sind die Sparpläne von Konzernchef Heinrich Hiesinger und Stahlchef Andreas Goss. Letzterer hatte Ende der vergangenen Woche den Arbeitnehmervertretern Eckdaten zum geplanten Sparkurs präsentiert: 500 Millionen Euro muss das neue Programm in den kommenden drei Jahren einbringen. Ziel sei, dass die Stahlsparte dauerhaft ihre Kapitalkosten erwirtschafte.

Konkreteres war das Management allerdings schuldig geblieben. Lediglich die Teilschließung einiger Produktionsstränge im Grobblech-Bereich war genannt worden. Mit dem geplanten Wegfall von 300 Arbeitsplätzen schafft Goss aber beileibe nicht die 500 Millionen Euro. Branchenkenner gehen davon aus, dass sich mit der Schließung der Warmband-Querteilanlagen in Bochum und Duisburg-Hüttenwerk allenfalls 25 Millionen Euro erreichen lassen.

Insofern war allen Beteiligten klar, dass die Ankündigung vom vergangenen Freitag allenfalls die Spitze des Eisberges war. Von "Salami-Taktik" spricht Betriebsratschef Back: "Wir haben uns die Unterlagen genau angeschaut und festgestellt, dass dort eine Einsparsumme in Höhe von 15 Prozent der Personalkosten steht. Wenn sie 27.000 Beschäftigte nehmen, sind folglich 4050 Stellen betroffen."

Back geht davon aus, dass - abgesehen von den 300 Grobblech-Stellen - vor allem der Verwaltungsapparat getroffen wird. "Wir erleben hier einen Frontalangriff auf den Angestelltenbereich", sagte der Betriebsratschef. Grund sei, dass in der Produktion bereits das Ende der Fahnenstange erreicht sei.

Aus dem Arbeitnehmervertreter spricht an diesem Nachmittag die blanke Enttäuschung: "Wir wissen gar nicht, worüber wir noch mit diesem Management verhandeln sollen." Schon im Zuge des früheren Sparprogramms "Big Reloaded" seien Einsparungen von 450 Millionen Euro erzielt worden. Auch damals nur mit dem Abbau von 3000 Stellen sowie einer Arbeitszeitabsenkung im Gegenzug für Beschäftigungsgarantien. "Wie weit will das Management die Stunden denn noch absenken? Und wie sollen wir dem Management überhaupt noch etwas abnehmen, wenn es sich schon nicht an seine Zusicherungen bis 2020 hält?" Gespräche werde es deshalb erst einmal nicht geben. "Wir werden jetzt Druck mit Hilfe von Arbeitsniederlegungen machen", so Back. Erst wenn die Thyssenkrupp-Führungsmannschaft bereit sei, alle Fakten auf den Tisch zu legen - sowohl zur geplanten Fusion der Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata Steel -, als auch alle Details zu den Sparmaßnahmen - könne es überhaupt Gespräche geben.

Zudem forderte der Betriebsratschef ein klares Bekenntnis von Konzernchef Hiesinger: "Es fehlt die Entscheidung, ob es mit dem Stahl im Konzern weitergehen soll oder nicht. Es muss endlich Schluss mit dem Herumgeeiere sein."

Der Konzern reagierte erwartungsgemäß zugeknöpft auf die Rechnung der Beschäftigten. Ein Sprecher bekräftigte, es sei derzeit noch offen, wie viele Arbeitsplätze betroffen sein werden.

(maxi)
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