Bonn Immer mehr Kraftwerke vor Aus

Bonn · Konzerne schalten weitere Anlagen ab. Regierung: Versorgung bleibt sicher.

Angesichts der abgestürzten Börsenstrompreise melden immer mehr Versorger ihre konventionellen Kraftwerke zur Abschaltung an. Nach der regelmäßig aktualisierten Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur stieg die Zahl der Stilllegungsanzeigen seit Jahresbeginn bis Ende Juli um neun auf 57 Kraftwerke. Die Betreiber wollen vor allem Gas- und Steinkohle-Kraftwerke einmotten oder endgültig vom Netz nehmen. Der Börsenstrompreis ist innerhalb von zwei Jahren von etwa 50 auf rund 30 Euro pro Megawattstunde gefallen.

In den ursprünglichen 48 Anmeldungen sind auch einige RWE-Blöcke enthalten wie Goldenberg. Noch nicht enthalten sind dagegen die Braunkohle-Blöcke, die RWE im Zuge des Klima-Kompromisses stilllegen muss. Danach muss die Branche 2,7 Gigawatt Kapazität aus dem Markt nehmen, rund die Hälfte entfällt auf RWE. Laut NRW-Wirtschaftsministerium sollen fünf 300-Megawatt-Blöcke betroffen sein. Über Details wird derzeit mit der Regierung verhandelt.

Die Branche sorgt sich angesichts der Gewinneinbrüche im Erzeugungsgeschäft auch um die geplanten Neubauten. Bundesweit sei jedes zweite Projekt gestoppt, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). "Der Anteil der Kraftwerke, die rund um die Uhr Strom erzeugen können, wird in den nächsten Jahren weiter stark sinken", sagte BDEW-Chefin Hildegard Müller. Die Bundesregierung betonte, dass die Stromerzeugungskapazitäten dennoch ausreichend seien. Vielmehr gebe es in Deutschland und europaweit sogar Überkapazitäten, so das Wirtschaftsministerium. Die Versorgungssicherheit sei auch im Winter gewährleistet.

Laut Bundesnetzagentur stehen bundesweit Kraftwerke mit einer Netto-Nennleistung von gut 197 Gigawatt bereit - davon gut 90 Gigawatt aus erneuerbaren Energien. Endgültig stillgelegte Anlagen sind dabei bereits abgezogen. Der tägliche Verbrauch liegt bei bundesweit 60 bis maximal gut 80 Gigawatt.

Auch die Netzagentur zeigt sich entspannt: "Und wo regional die Erzeugung nicht ausreichen könnte, werden wir den Stilllegungen weiter widersprechen." Dies ist meist südlich des Mains der Fall, wo die meisten Atommeiler abgeschaltet werden. Endgültigen Stilllegungen können die Netzbetreiber widersprechen, wenn sie die Versorgungssicherheit in Gefahr sehen. Wenn die Netzagentur dies bestätigt, müssen die Kraftwerke weiterlaufen. Bisher ist das bei 11 der 57 angemeldeten Kraftwerken der Fall.

(anh/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort