Düsseldorf In 63 Berufen fehlt der Nachwuchs

Düsseldorf · Die Arbeitgeber bieten zwar mehr Ausbildungsplätze an, doch es fehlt an interessierten Jugendlichen.

Der Arbeitsmarkt boomt, die Erwerbstätigenzahlen erreichten mit rund 42,5 Millionen Menschen im zweiten Quartal den zweithöchsten Stand seit der Wiedervereinigung - und doch sind Experten alarmiert: Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge gab es im Frühjahr dieses Jahres Engpässe in 63 Berufsgattungen, für die eine abgeschlossene Ausbildung nötig ist. Vor allem im Mint-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sowie in den Gesundheitsberufen gibt es zu wenig Fachkräfte.

Zwar haben die Unternehmen das Problem erkannt und seit 2008 zumindest in 38 von 49 Engpassberufen mehr Ausbildungsplätze geschaffen - etwa in der Zahnmedizin (3113 zusätzliche Lehrstellen), in der Sanitär- und Heizungstechnik (2942) und Kraftfahrzeugtechnik (2877). Doch allein ein größeres Lehrstellen-Angebot reicht nicht aus, wenn die Nachfrage ausbleibt. In 37 Engpassberufen - etwa in den Feldern Metall, Energie, Bau, Logistik, Sicherheit, Verkauf und Tourismus - gelang es den Firmen nicht, genügend Jugendliche zu finden.

"Zur Attraktivität gehört heutzutage auch, eine attraktive Arbeitsumgebung zu gestalten", sagte NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD). Unternehmen sollten sich mit Themen wie Arbeitsbedingungen, Entlohnung und Gehältern, gut qualifizierten Ausbildern, Mobilitätshilfen und Ähnlichem auseinandersetzen. Er appellierte zudem an die Betriebe, mehr Jugendliche auszubilden. "Denn ohne Ausbildung gibt es weder eine nachhaltige Sicherung des Fachkräftebedarfs und somit auch keine nachhaltige Sicherung der Betriebe." Und es gebe ohne qualifizierte Ausbildung auch keine Perspektive für ein Erwerbsleben, sondern nur den Weg in die Sozialsysteme. "Das ist unwürdig und unökonomisch und am Ende verantwortungslos."

Schützenhilfe bekam Schneider vom Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes in NRW, Andreas Meyer-Lauber: "Entgegen dem Bundestrend haben wir in NRW immer noch einen hohen Lehrstellenmangel", sagte er. Das sei besonders ärgerlich bei den Engpassberufen. "Deshalb ist es dringend nötig, dort eine Ausbildungsumlage einzuführen, mit der den Betrieben ein Teil der Ausbildungskosten erstattet wird." Dann würden wieder mehr Betriebe eine Lehrstelle anbieten, so der DGB-Chef. Gute Erfahrungen gebe es damit in der Pflege, wo im vergangenen Jahr wegen der Umlage die Zahl der Auszubildenden um 2000 gestiegen seien. "Zudem muss natürlich die Bezahlung der Auszubildenden stimmen", sagte Meyer-Lauber unserer Zeitung.

(RP)
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