Schuldenkrise schlägt auf Kontinent durch In Europa grassiert die Arbeitslosigkeit

Brüssel · Die Schuldenkrise schlägt voll auf den Arbeitsmarkt durch. In Südeuropa ist jeder Vierte ohne Arbeit. Und Entspannung ist nicht in Sicht: Griechenland geht ins sechste Jahr der Rezession. Deutschland mahnt die Schuldenstaaten dennoch, an ihrem Sparkurs festzuhalten.

Studie: So ist das Risiko der Arbeitslosigkeit verteilt
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Studie: So ist das Risiko der Arbeitslosigkeit verteilt

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Foto: AP

Drei Jahre Schuldenkrise hinterlassen tiefe Spuren am Arbeitsmarkt: Mittlerweile sind in der Eurozone 18,2 Millionen Menschen ohne Job, wie das Statistikamt Eurostat gestern mitteilte. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 11,4 Prozent — der höchste Stand seit Einführung des Euro.

Dramatisch ist die Lage in Südeuropa: In Spanien hat jeder vierte Erwerbsfähige keine Arbeit mehr, bei den Jugendlichen ist jeder zweite ohne Job. Ähnlich sieht es in Griechenland aus. Dort und in Portugal ist die Arbeitslosigkeit binnen eines Jahres am stärksten angestiegen. Und Besserung ist nicht in Sicht.

Griechenland Die Regierung in Athen erwartet für 2013 einen weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,8 Prozent, wie aus dem gestern veröffentlichten Haushaltsentwurf hervorgeht. Damit steuert das Land auf das sechste Jahr in der Rezession zu.

Experten halten selbst diese Prognose noch für optimistisch. Vertreter von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank und EU (Troika) trafen sich gestern erneut mit Vertretern der Regierung. Finanzminister Yannis Stournaras erklärte anschließend, die Troika verlange weitere Einzelheiten zu den Sparvorhaben. Danach soll es weitere Einschnitt bei den Renten und Gehältern für die Staatsbedienstete geben. Die griechischen Gewerkschaften kündigten umgehend neue Proteste an.

Das Sparpaket ist Voraussetzung dafür, dass Griechenland 31,5 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket erhält. Eigentlich müsste die Troika wegen neuer Haushaltslöcher gegen die Auszahlung des Geldes votieren. Denn nach Prognose der Regierung werden die Schulden des griechischen Staates im kommenden Jahr auf 179 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen — und das, obwohl private Gläubiger in diesem Jahr bereits auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichtet haben. Doch um eine Pleite und einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu verhindern, wollen die Euro-Staaten trotzdem helfen.

Spanien In Spanien läuft die Neuverschuldung aus dem Ruder. Finanzminister Cristóbal Montoro hatte am Wochenende eingeräumt, dass das Haushalts-Defizit aufgrund der Milliarden-Hilfen für marode Banken voraussichtlich 7,4 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung betragen werde. Das ist zu hoch. Denn seine Regierung hatte sich bei der EU dazu verpflichtet, in diesem Jahr die Neuverschuldung auf 6,3 Prozent zu senken. Gestern reiste Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy zum Rapport nach Brüssel. Anschließend erklärte EU-Währungskommissar Olli Rehn, Spanien könne sein Defizit-Ziel noch erreichen. "Das ist machbar", sagte Rehn.

Dafür will die Regierung nun offenbar an die Renten gehen. Nach der geltenden Gesetzgebung müssen die Renten alljährlich um den Wert der Inflationsrate angehoben werden, damit die Kaufkraft gewahrt bleibt. Laut der Zeitung "El País" würde dies für das Jahr 2013 zusätzliche Ausgaben in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bedeuten. Die stünden im Haushaltsentwurf für 2013 aber nicht drin. Die Gewerkschaften hielten Rajoy vor, die Rentner aus taktischen Gründen bis zu den Regionalwahlen am 21. Oktober in Galicien und dem Baskenland im Unklaren zu lassen.

In den vergangenen Tagen war es wegen der Sparprogramme bereits zu großen, teils gewalttätigen Demonstrationen gekommen. Trotzdem beharrt die Bundesregierung auf dem eingeschlagenen Weg zur Euro-Rettung. In Ländern wie Portugal, Spanien oder Irland, die Hilfe beantragt hätten, gebe es positive Entwicklungen. Dies zeige, dass der eingeschlagene Weg der richtige sei, betonte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Niemand habe behauptet, dass dieser Weg ohne Härten sei.

(RP/pst/csi)
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