Düsseldorf ING-Diba-Chef: Geld ist langweilig

Düsseldorf · Roland Boekhout und seine Pläne für die fortschreitende Digitalisierung.

"Geld ist langweilig" lautet eine Fundamentalbotschaft von Roland Boekhout. Und die ist um so erstaunlicher, weil der Niederländer Chef eines Unternehmens ist, für das Geld elementarer Bestandteil des Geschäfts ist. Was der Vorstandsvorsitzende der ING Diba meint: Die Beschäftigung mit Geld sei für die meisten Kunden langweilig und eher lästig. Damit sie sich nicht damit plagen müssten, müsse die Bank sich kümmern.

Die Rollenbeschreibung für die Bank als Rundum-Dienstleister ist keine Erfindung von Deutschlands größter Direktbank. Aber im Zeitalter der Digitalisierung will Boekhout sie mit neuen Elementen füttern. "Sprachsteuerung im Kundendialog" heißt eines davon. Was der Manager meint: Der Kunde soll mobil nicht nur von überall auf seine Kontodaten zugreifen können, sondern Aufträge auch per Sprachbefehl erteilen können. Boekhouts Schlüssel-Erlebnis in diesem Punkt: "Beim Warten auf den Aufzug habe ich mich mal gefragt, was ich in der Zeit machen kann - zum Beispiel eine Rechnung überweisen. Heute erledige ich alle Bankgeschäfte während der Wartezeiten, anstatt alles am Sonntagnachmittag zu machen. Das schafft Zeit für die Familie."

Mobile Banking, da ist Boekhout mit Branchenkollegen einig, ist der Trend - mit immer neuen Ergänzungen. Bei ING Diba beispielsweise kann man sich seit einem Jahr per Video als Kontoinhaber legitimieren. Das nutzt zwar bisher nur jeder zehnte Kunde, doch das ist für Boekhout kein Indiz für ein gescheitertes Projekt. "Die Deutschen brauchen für solche Dinge immer länger als andere", sagt er. Und überhaupt: "Bei der Digitalisierung probiert man zehn Dinge aus, und am Ende gehen acht oder neun in den Mülleimer." Ein weiteres Projekt: die Foto-Überweisung. Selfie mit dem Smartphone, elektronischer Fingerabdruck, Kunde erkannt, Überweisungsauftrag erteilt, von der Bank angenommen, fertig - so ungefähr lautet die Idee.

Maßstab für den Erfolg: "Am Ende gewinnt der, der Kunden die wenigste Zeit stiehlt", glaubt Boekhout. Da der Besuch in der Niederlassung mit zeitlichem Aufwand verbunden ist, soll die Notwendigkeit solcher Visiten möglichst klein gehalten werden. Das Ende der Filiale? Mit dieser These hat Boekhout bei Konkurrenten hierzulande mächtig Ärger ausgelöst. Ein Streit, der schon Jahrzehnte tobt, von dem sich Boekhout aber nicht beeindrucken lassen will. Was sollte er auch anderes predigen als Chef einer Bank, die keine Niederlassung hat?

Für den Niederländer bleibt ein Sparprodukt zwar langfristig das "wichtigste Akquise-Instrument". Doch auch Boekhout kommt nicht umhin, den Menschen in Zeiten extrem niedriger Zinsen einen anderen Rat zu geben: "Wer jetzt Zigtausende zur Verfügung hat, sollte sich auf jeden Fall bei den Banken entschulden."

(RP)
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