Innovation Bambus ist der Werkstoff der Zukunft

Düsseldorf · Aus dem holzähnlichen Gras werden immer mehr Produkte gefertigt - vom Fahrrad übers Kleid bis zum Toilettenpapier. Jetzt wollen Forscher sogar moderne Häuser aus dem Werkstoff bauen.

 Der Bambus-Wald Arashiyama in Kyoto (Japan).

Der Bambus-Wald Arashiyama in Kyoto (Japan).

Foto: shutterstock/ Sergii Rudiuk

Es wächst und wächst und wächst und wächst. Dieses große, grüne Gras, das viele für Holz halten und das den Namen Bambus trägt. "Rohstoff der Zukunft" nennen es hingegen Leute, die es wissen müssen. Ein Holztechniker zum Beispiel, ein Architekturprofessor und die vielen Unternehmer, die derzeit die unterschiedlichsten Produkte aus Bambus auf den Markt bringen - vom spülmaschinenfesten Geschirr über Kleidung bis hin zu Klopapier und Fahrrädern.

Der Hype um das pflanzliche Material kommt nicht von ungefähr. Bambus bietet den Forschern und Herstellern viele nützliche Eigenschaften. Zahnbürstenhersteller wie Hydrophil oder Bambusliebe berufen sich zum Beispiel auf die antibakteriellen Eigenschaften des Grases. My Boo hingegen nutzt die Stabilität und das geringe Gewicht der Bambusrohre für die Fahrradherstellung. Für den Toilettenpapierhersteller Smooth Panda ist wichtig, dass Bambus pro Kilo mehr Zellstoff als Holz enthält, weil es dichter wächst. Holztechniker der Fachhochschule Eberswalde wollen nun auch einen Rollator aus dem Gras bauen. Der Vorteil für das Projekt: Bambus ist vibrationsdämpfend und somit gelenkschonend.

Häuser aus Bambus brennen schlecht

Auch Dirk Hebel ist begeistert von dem Rohstoff. Er ist Architekturprofessor mit dem Schwerpunkt "Nachhaltiges Bauen" am Karlsruher Institut für Technologie. Statt wie bisher Häuser aus Stein und Stahl zu errichten, wollen er und sein Team Gebäude aus gepressten Bambusfasern und Harz bauen. "Bambus kann sich im Wind extrem biegen, ohne zu brechen, dadurch ist die Zugfähigkeit der Fasern sehr hoch", sagt Hebel. Das bedeute, dass das Material extrem beanspruchbar sei. Zudem sei das Gemisch sehr schwer entflammbar. Demnächst will Hebel mit seinem Team aus dem gepressten Bambusfaser-Harz-Gemisch zum ersten Mal ein zweistöckiges Haus in Zürich bauen. Es soll mit Messgeräten ausgerüstet werden und zeigen, ob der Werkstoff hält, was er verspricht. Wenn es klappt daraus moderne Häuser zu bauen, wäre das auch für afrikanische Länder eine Chance, sagt Hebel. Denn obwohl kaum ein Land in Afrika über Stahl verfügt, werden die Gebäude dort meist aus diesem Material gebaut. Das sei teuer und mache abhängig vom Ausland. Bambus hingegen wächst dort in vielen Ländern.

Bambus ist anspruchslos

Und das ist ein Grund für die Beliebtheit des Grases: Bambus ist anspruchslos, es gedeiht auch auf Böden, auf denen nicht viel anderes wächst. "So gibt es kaum Flächenkonkurrenz zum Lebensmittelanbau", sagt Hebel. Sowieso stehen die Nachhaltigkeit und der Umweltaspekt bei den Herstellern der Bambusprodukte hoch im Kurs. Schon nach drei Jahren kann eine Pflanze geerntet werden, sie braucht kaum Wasser und Dünger und wird quasi nicht gespritzt. Bis zu einem halben Meter pro Tag wachsen einige Bambussorten - dabei binden sie große Mengen klimaschädliches Kohlenstoffdioxid. Im Gegensatz zum Baum werden Bambuspflanzen nicht gefällt sondern gekürzt - die Pflanze bleibt am Leben, aus den Stümpfen wachsen neue Triebe.

Das Ganze ist jedoch nicht ohne Kritik. "Wenn Bambus auf Plantagen wächst, ist das meist kein Problem. Wenn aber für den Anbau Regenwald abgeholzt wird, schon", sagt ein Sprecher der Umweltorganisation WWF. Bei Zertifizierungen für nachhaltige Holzwirtschaft würden derzeit viele Bambushändler suspendiert. Die genauen Gründe kennt er nicht, doch: "Der Markt wächst rasant, da ist kriminelle Energie nicht auszuschließen."

(mre)
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