Gastbeitrag Thomas Wessel Innovationsfähigkeit gemeinsam stärken

Der Forschungsausschuss-Chef der Chemiebranche fordert Entlastungen für forschende Firmen.

Weltweit hat sich der Standortwettbewerb verschärft. Deutschland gehört bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung nicht zur Weltspitze. Wer Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit stimulieren möchte, kommt nicht daran vorbei, die Innovationskraft von Unternehmen zu unterstützen. Schließlich sind Innovationen der Motor für prosperierende Volkswirtschaften.

In Berlin stecken CDU/CSU und SPD zurzeit die programmatischen Grundlagen für eine mögliche Regierungspolitik ab. Kompromisse werden nötig sein. Es ist zu hoffen, dass eine steuerliche Forschungsförderung Teil des Konsenses der drei Parteien sein wird. Denn diese Maßnahme ist wichtig für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Deshalb setzen sich die 22 führenden Organisationen aus Wissenschaft und Wirtschaft geschlossen für die Einführung dieses Instruments in der kommenden Legislaturperiode ein.

Wir haben großen Nachholbedarf. Länder wie Südkorea, Japan oder die skandinavischen Staaten geben deutlich mehr als drei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus. Damit wir zu den internationalen Top-Plätzen aufschließen, sollten die Forschungsaufwendungen hierzulande von knapp drei auf 3,5 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung steigen. Darin sind sich Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einig. Dieses Ziel ist ehrgeizig. Es bedeutet gleichermaßen große Anstrengungen für Staat wie Wirtschaft und setzt vor allem innovationsfreundliche Rahmenbedingungen voraus.

Die Industrie kommt heute für zwei Drittel aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) Deutschlands auf. Daran hat die chemische-pharmazeutische Industrie einen erheblichen Anteil: Sie hat in den vergangenen Jahren ihren Forschungsetat stetig vergrößert. Um das 3,5-Prozent-Ziel oder mehr zu erreichen, geht es jedoch nicht ohne zusätzliche Anreize vom Staat. Mit einer steuerlichen Forschungsförderung könnte die Innovationsleistung der Wirtschaft forciert werden.

Gute Gründe sprechen dafür: Steueranreize für Innovationen fördern Kreativität, weil sie themenoffen sind und unbürokratisch umgesetzt werden können. Entscheidend ist jedoch, dass alle forschenden Unternehmen diese Förderung erhalten - unabhängig von ihrer Größe. Sonst wird sie ihr volles Potenzial nicht entfalten. Auch wenn sich die meisten Parteien für steuerliche Forschungsanreize einsetzen - so ist dieses Lippenbekenntnis bislang ohne Konsequenzen geblieben. Die Voraussetzungen sind aktuell so gut wie nie, dieses Instrument endlich auch bei uns einzuführen. Mit einer modernen Innovationspolitik kann die künftige Bundesregierung Zukunft und Wohlstand unseres Landes sichern.

DER AUTOR IST VORSITZENDER DES FORSCHUNGS-AUSSCHUSSES IM VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE (VCI), UND MITGLIED DES EVONIK-VORSTANDS.

(RP)
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