Schäuble warnt Athen Der Euro-Erklärer steht bei der IWF-Tagung im Rampenlicht

Washington · Nachdem vorübergehend Ruhe eingekehrt zu sein schien in der Eurozone spielt Wolfgang Schäuble bei der diesjährigen Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank wieder eine Hauptrolle: Die in Washington versammelte finanzpolitische Elite verfolgt gespannt die Äußerungen des Bundesfinanzministers zur Schuldenkrise in Griechenland.

 Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist zur Zeit in New York ein vielgefragter Mann.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist zur Zeit in New York ein vielgefragter Mann.

Foto: dpa, hpl

Unbeirrt verkündet der CDU-Politiker dabei sein Mantra, dass nachhaltiges Wachstum nur mit Reformen und nicht mit Investitionen auf Pump zu erreichen sei. An Athen richtet er die Warnung: Ohne verbindliche Reformzusagen gibt es keine zusätzlichen Hilfen.

Als vor einigen Jahren die Sorge vor einem Auseinanderbrechen der Währungsunion die Finanzwelt in Atem hielt, waren schon einmal alle Blicke auf Schäuble gerichtet, dem Vertreter der leistungsstärksten Volkswirtschaft des Euroraums. Dann standen bei den halbjährlichen Treffen am Sitz von IWF und Weltbank eher andere Themen im Vordergrund, etwa der Haushaltsstreit in den USA.

Gefahren aus Griechenland noch nicht gebannt

Spätestens seit der Wahl des Linkspolitikers Alexis Tsipras zum griechischen Ministerpräsidenten und dem Konfrontationskurs seiner Regierung gegenüber den Gläubigern von IWF und EU dürfte klar sein, dass die Gefahren aus der Eurozone für die Weltwirtschaft keineswegs gebannt sind. Athen kratzt momentan die letzten Reserven zusammen, um einen Staatsbankrott und den drohenden "Grexit" zu verhindern.

Der Währungsfonds hob in seinem Anfang der Woche veröffentlichten Konjunkturausblick die Wachstumsprognose für die Eurozone zwar leicht an. Begründet wurde dies aber vor allem mit niedrigen Ölpreisen und dem Kursverlust des Euro gegenüber dem Dollar. Die Lage in Griechenland werten die IWF-Fachleute als erhebliches Risiko. Chefökonom Olivier Blanchard schloss einen Euro-Austritt Athens nicht aus und warnte vor einem "Ereignis, das die Finanzmärkte erschüttern könnte".

US-Ökonomen: Deutscher Sparzwang ist schuld

Viele US-Ökonomen vertreten die Auffassung, dass ein maßgeblich von Deutschland verordneter Sparzwang für die scheinbar endlose Misere in der Eurozone im Allgemeinen und in Griechenland im Besonderen verantwortlich sei. Direkt nach seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten veröffentlichte Schäuble in der "New York Times" einen Meinungsbeitrag, in dem er mit einigen "Mythen" über die Politik in der Eurozone aufzuräumen versuchte. Die Währungsunion verfolge keine "blinde Austerität", sondern bemühe sich, mit Strukturreformen verlorenes Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen und Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen.

In die gleiche Kerbe schlug Schäuble am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung am Washingtoner Politikinstitut Brookings. Eine zu lockere Geldpolitik und schuldenfinanziertes Wachstum seien "Hauptgründe" für die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise gewesen, sagte er. Europa gehe stattdessen einen Weg des "nachhaltigen Wachstums", der sich langfristig als erfolgreicher erweisen werde. Der Finanzminister verwies dabei auf ermutigende Wirtschaftsdaten aus Spanien und Portugal.

Griechenland betrachtet Schäuble offenbar als Sonderfall, als Ausreißer, der vom rechten Weg abgekommen ist. Die Entscheidung in der Schuldenkrise liege allein bei der Regierung in Athen, sagte er. Niemand werde den Griechen ein Hilfsprogramm aufzwingen. Aber wenn Athen die Auszahlung der nächsten Kredittranche wolle, "muss Griechenland liefern, was vereinbart wurde".

Rund eine halbe Stunde nach Schäuble saß der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis auf dem Podium bei Brookings, bei der Frühjahrstagung ist er so etwas der Gegenspieler Schäubles. Einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone lehnte er ebenso ab wie eine Fortführung der bisherigen Sparpolitik. "Wir sind dieser Medizin überdrüssig", sagte er. Ob sich Varoufakis und Schäuble in Washington begegnen, ist unklar. Der Graben zwischen den beiden Ministern scheint aber unüberwindbar.

IWF: Kein Aufschub für Kreditrückzahlungen

WF-Chefin Christine Lagarde hat Hoffnungen Griechenlands auf einen Aufschub von Kreditrückzahlungen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Dämpfer versetzt. Sie machte am Donnerstag in Washington deutlich, dass das Euro-Krisenland kaum mit einer solchen Entlastung für seine angespannte Finanzlage rechnen kann. "Wir haben noch nie den Fall gehabt, dass uns ein entwickeltes Land um einen Zahlungsaufschub gebeten hat", sagte sie. Eine Stundung der griechischen Kreditrückzahlungen sei nichts, was man in der aktuellen Situation empfehlen könne, machte Lagarde deutlich.

(AFP)
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