Paris IWF-Chefin Lagarde gerät in Bedrängnis

Paris · Gegen Frankreichs frühere Finanzministerin wird wegen der Tapie-Affäre aus 2007 ermittelt.

Für Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), wird es eng: Der französische Gerichtshof der Republik hat ein Ermittlungsverfahren gegen die frühere Finanzministerin wegen Fahrlässigkeit eröffnet. Der ersten Frau, die es 2011 an die Spitze des IWF schaffte, könnte eine alte Affäre um den Verkauf des Sportartikelherstellers Adidas zum Verhängnis werden.

Ausgangspunkt ist eine Entscheidung, die die Juristin 2007 zugunsten des damaligen Adidas-Mehrheitsaktionärs Bernard Tapie fällte. Lagarde hatte als Finanzministerin verfügt, den jahrelangen Rechtsstreit um den Verkauf des deutschen Sportartikelherstellers 1993 an die damalige Staatsbank Crédit Lyonnais durch einen Schiedsspruch zu beenden. Dadurch waren Tapie aus der Staatskasse 285 Millionen Euro Entschädigung zugesprochen worden, mit Zinsen sogar gut 400 Millionen Euro. Kritiker werfen Lagarde vor, das private Schiedsgericht in einem Fall eingeschaltet zu haben, in dem öffentliche Gelder an den Geschäftsmann und früheren Minister Tapie flossen. Auf Rechtsmittel gegen die Schiedsgerichtsentscheidung verzichtete sie damals.

Dass die 58-Jährige bewusst gemeinsame Sache mit Tapie, ihrem früheren Bürochef Stéphane Richard und anderen machte, glaubt die französische Justiz allerdings nicht. "Nach dreijährigen Untersuchungen, dutzenden Stunden von Anhörungen ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht Komplizin eines Vergehens war", sagte die IWF-Chefin gestern. Allerdings soll Lagarde in dem Schiedsverfahren nicht wachsam genug gewesen sein. Aus gutem Grund, munkeln einige. Tapie war ein Freund des damaligen konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy, dessen Wahlkampf 2007 Tapie unterstützt hatte. Die großzügige Entschädigung an den Unternehmer könnte also eine Dankesgeste gewesen sein. Doch Lagarde gab an, nie mit Sarkozy über das Schiedsverfahren gesprochen zu haben.

Einen Rücktritt lehnt die IWF-Chefin ab: "Ich werde an die Arbeit nach Washington zurückkehren." Für Frankreich wäre es eine große Schmach, wenn Lagarde von ihrem Posten zurücktreten müsste. Bereits ihr Vorgänger Dominique Strauss-Kahn musste den Spitzen-Job beim IWF aufgeben - wegen einer Sex-Affäre. Das Zimmermädchen eines New Yorker Luxushotels hatte DSK, wie der frühere Hoffnungsträger der Sozialisten in Frankreich genannt wird, versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Lagardes Schicksal liegt nun in den Händen des IWF-Verwaltungsrates.

(RP)
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