Vor EU-Finanzministertreffen Weidmann: EU-Kommission muss streng mit Frankreich sein

Bielefeld/Luxemburg · Bundesbankchef Jens Weidmann hat die EU-Kommission zu einem strengen Umgang mit Frankreich aufgefordert. Weidmann verwies am Montagabend in einer Rede in Bielefeld darauf, dass das Land mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone die im Stabilitätspakt vorgeschriebene Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erst 2017 und nicht schon 2015 einhalten wird.

Merkels Mann für die Bundesbank
7 Bilder

Merkels Mann für die Bundesbank

7 Bilder

Frankreichs Finanzminister Michel Sapin deutete an, dass seine Regierung die Haushaltspläne doch noch einmal anpassen und damit das Defizit reduzieren könnte. "Wir werden sehen", antwortete Sapin nach dem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg auf eine entsprechende Frage. Bei den Beratungen der Finanzminister der Eurozone in Luxemburg standen weder Frankreich noch das ebenfalls mit Haushaltsproblemen kämpfende Italien offiziell auf der Tagesordnung.

Die Eurogruppe werde die Haushaltspläne erst nach den Empfehlungen der EU-Kommission diskutieren, sagte deren Vorsitzender Jeroen Dijsselbloem. Der amtierende EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Jyrki Katainen sagte, es sei zu früh, um über eine mögliche Zurückweisung der Haushaltspläne durch die Brüsseler Behörde zu spekulieren. Die EU-Staaten sollen ihre Haushaltspläne bis Mitte der Woche in Brüssel vorgelegt haben, die EU-Kommission will die Entwürfe bis Ende des Monats bewerten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte zu den französischen Haushaltsplänen: "Meine Zuversicht ist unverändert." Weidmann sagte auf dem Unternehmertag Ostwestfalen-Lippe, wenn die Kommission das Verfahren nicht verschärfen wolle, wäre die Glaubwürdigkeit des Regelwerks stark beschädigt. In seiner Rede mit dem Titel "Voraussetzungen für eine stabile Währungsunion" plädierte er laut Manuskript dafür, die Regeln eng und streng auszulegen, statt Forderungen nach einer flexiblen Auslegung nachzugeben. "Wenn die Regeln nun aber erneut bis aufs Äußerste gedehnt und gestreckt werden, belastet das ihre Glaubwürdigkeit massiv", warnte Weidmann.

Mehrere Vertreter aus der Euro-Zone hatten der Nachrichtenagentur Reuters jüngst gesagt, die EU-Kommission werde die Haushaltspläne der Regierung in Paris voraussichtlich zurückweisen und Ende Oktober die Vorlage eines neuen Budgets für 2015 verlangen. Damit würde die EU-Kommission erstmals von ihrem neuen Recht Gebrauch machen, Änderungen an einem nationalen Etatentwurf zu verlangen. Die Kommission werde auch das Defizitverfahren gegen Frankreich verschärfen, der Regierung zugleich aber wie gefordert zwei weitere Jahre Zeit geben, ihren Haushalt mit den EU-Regeln in Einklang zu bringen. Frankreich hätte eigentlich im vergangenen Jahr sein Haushaltsdefizit unter die Schwelle von drei Prozent bringen müssen. Im Juni 2013 gewährten die EU-Finanzminister der Regierung in Paris wegen der Rezession in Europa aber einen Aufschub bis 2015. Zuletzt erklärte Frankreich jedoch, auch die neue Frist nicht einhalten zu können. Das Defizit werde erst 2017 unter die EU-Grenze sinken.

(REU)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort