Düsseldorf Jugendliche wollen Wirtschaft als Schulfach

Düsseldorf · Inflation, Rendite, EZB - viele Schüler haben keine Ahnung, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt. Egal ist ihnen das nicht, wie eine Studie zeigt: Sie würden gerne mehr über das Thema Wirtschaft erfahren - vor allem im Unterricht.

Die Jugend von heute ist zwar permanent mit dem Smartphone online, tickt aber bei Geldangelegenheiten doch erstaunlich konservativ: Es wird gespart, Geldgeschäfte werden immer noch gerne in der Bankfiliale nebenan erledigt, und obwohl das Handy als Kommunikationsmedium, Musikplayer und Abspielgerät von Internetvideos dient, soll es lieber nicht das Portemonnaie ersetzen.

Dies sind nur einige der Erkenntnisse der Jugendstudie, die von der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag des privaten Bankenverbands BdB erstellt worden ist. Seit 2003 erfassen die Forscher, wie sich das Interesse der 14- bis 24-Jährigen am Thema Wirtschaft und ihre Einstellung zu Geld entwickelt. Ergebnis: Vieles bleibt beim Alten.

Zwischen 2003 und 2015 hat sich das Interesse der Jugendlichen am Thema Wirtschaft kaum verändert. Ein Drittel interessiert sich stark dafür, ein Drittel etwas, der Rest kaum oder gar nicht. Die Zahlen sind bei den jeweils im Drei-Jahres-Rhythmus erhobenen Befragungen relativ konstant - lediglich 2012 gaben deutlich weniger Jugendliche an, sich stark für Wirtschaftsthemen zu interessieren. "Damals hatten die für viele nur schwer verständlichen Negativthemen im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise möglicherweise nachteilig auf das Wirtschaftsinteresse durchgeschlagen", mutmaßt Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. Generell würden sich die Jugendlichen aber mehr Informationen über Wirtschaft wünschen. 73 Prozent der Befragten plädieren sogar für ein eigenes Schulfach.

Glaubt man den Zahlen der Studie, könnte mehr ökonomische Bildung nicht schaden. Die Wissenslücken bei jungen Leuten scheinen noch immer groß. Mehr als die Hälfte wusste beispielsweise nicht, was die Europäische Zentralbank eigentlich macht, auch die Bedeutung von Begriffen wie "Rendite" oder "Inflationsrate" war vielen unbekannt. Immerhin: Dass es beim Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage nicht darum geht, nur so viel zu kaufen, wie man tatsächlich verbraucht, sondern darum, wie sich Preise entwickeln, wussten die meisten. Insgesamt haben vier von zehn Jugendlichen aber große Wissenslücken bei Wirtschaftsthemen.

Für Michael Kemmer besteht daher Handlungsbedarf: "Es gibt zwar zu Recht Diskussionen um eine Ökonomisierung der Gesellschaft", sagt er: "Aber unabhängig davon, wie man diese Entwicklung persönlich bewertet - wir müssen die jungen Leute mit dem notwendigen Rüstzeug ausstatten." Immerhin müssen sie sich auch um ihre eigenen Geldanlagen kümmern - und fühlen sich dabei mehr auf sich allein gestellt als früher. Denn durch die Bankenkrise hat das Vertrauen in die Banken auch bei den jungen Leuten deutliche Kratzer bekommen.

Trotzdem sparen 53 Prozent der 14- bis 24-Jährigen regelmäßig Geld (2003: 47 Prozent), und vor allem die 21- bis 24-Jährigen legen inzwischen mit durchschnittlich 236 Euro im Monat deutlich mehr zurück als noch vor einigen Jahren. 2012 waren es beispielsweise "nur" 146 Euro monatlich. Trotzdem warnt Michael Kemmer, dass dies nicht reichen könnte, um für das Alter vorzusorgen, weil das Geld der Deutschen oft auf niedrig oder gar nicht verzinsten Konten landet. Nur sechs Prozent des Vermögens sei in Aktien investiert. "Die positive Börsenentwicklung ist deshalb an den meisten nahezu komplett vorbeigegangen", so Kemmer. Das Problem: Wie soll sich das ändern, wenn Jugendlichen das nötige Wissen fehlt?

Auf einen Berater, den sie kennen und dem sie vertrauen, wollen die Jugendlichen trotz ihrer Online-Affinität nicht verzichten. Dies ist ihnen fast so wichtig wie die Sicherheit ihrer Geldanlage. Auch hier tickt die Jugend - vermutlich zur Freude der Eltern - erstaunlich konservativ.

(RP)
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